vom Conversus genommen hätte, und den sie eben so, wie den Tod, nicht auf die letzte Stunde ausgesetzt. Von meiner Mutter hab ich, und auch meine Leser, in diesem Theil Abschied genommen --
Gute Nacht also liebes Weib! Lebe wohl, liebe theure Mutter. Deine heilige Harfe soll mein Herz in eine heilige Ruhe spielen, wenn es ein trotzig oder verzagt Ding seyn will, wenn es sich bäumt und wenns sinckt. Ruhe der Religion der Vollendeten, du bist die Diät für Leib und Seele! Bin ich be- stimmt, sechs Tage meines Lebens Last und Hitze zu tragen, laß mich wenigstens am sie- benten ruhen von dieser Arbeit, und eine Seelen und Leibeserlösung kosten. An die- sein Sabbath soll dein heiliges Bild, liebe Mutter! vor meinen Augen schweben! Ich will dich hören, wie du den ersten der drey großen Feste, als die Lerche den Frühling mit dem:
"Dir dir und deiner Güte, dir dir mein Gott allein, dir dir soll mein Gemüthe"
begrüßtest --
Wie du am heiligen Abend vor Wey- nachten die Hirten des ganzen Kirchspiels vor
das
vom Converſus genommen haͤtte, und den ſie eben ſo, wie den Tod, nicht auf die letzte Stunde ausgeſetzt. Von meiner Mutter hab ich, und auch meine Leſer, in dieſem Theil Abſchied genommen —
Gute Nacht alſo liebes Weib! Lebe wohl, liebe theure Mutter. Deine heilige Harfe ſoll mein Herz in eine heilige Ruhe ſpielen, wenn es ein trotzig oder verzagt Ding ſeyn will, wenn es ſich baͤumt und wenns ſinckt. Ruhe der Religion der Vollendeten, du biſt die Diaͤt fuͤr Leib und Seele! Bin ich be- ſtimmt, ſechs Tage meines Lebens Laſt und Hitze zu tragen, laß mich wenigſtens am ſie- benten ruhen von dieſer Arbeit, und eine Seelen und Leibeserloͤſung koſten. An die- ſein Sabbath ſoll dein heiliges Bild, liebe Mutter! vor meinen Augen ſchweben! Ich will dich hoͤren, wie du den erſten der drey großen Feſte, als die Lerche den Fruͤhling mit dem:
„Dir dir und deiner Guͤte, dir dir mein Gott allein, dir dir ſoll mein Gemuͤthe„
begruͤßteſt —
Wie du am heiligen Abend vor Wey- nachten die Hirten des ganzen Kirchſpiels vor
das
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vom Converſus genommen haͤtte, und den
ſie eben ſo, wie den Tod, nicht auf die letzte
Stunde ausgeſetzt. Von meiner Mutter
hab ich, und auch meine Leſer, in dieſem Theil
Abſchied genommen —
Gute Nacht alſo liebes Weib! Lebe wohl,
liebe theure Mutter. Deine heilige Harfe
ſoll mein Herz in eine heilige Ruhe ſpielen,
wenn es ein trotzig oder verzagt Ding ſeyn
will, wenn es ſich baͤumt und wenns ſinckt.
Ruhe der Religion der Vollendeten, du biſt
die Diaͤt fuͤr Leib und Seele! Bin ich be-
ſtimmt, ſechs Tage meines Lebens Laſt und
Hitze zu tragen, laß mich wenigſtens am ſie-
benten ruhen von dieſer Arbeit, und eine
Seelen und Leibeserloͤſung koſten. An die-
ſein Sabbath ſoll dein heiliges Bild, liebe
Mutter! vor meinen Augen ſchweben! Ich
will dich hoͤren, wie du den erſten der drey
großen Feſte, als die Lerche den Fruͤhling
mit dem:
„Dir dir und deiner Guͤte,
dir dir mein Gott allein,
dir dir ſoll mein Gemuͤthe„
begruͤßteſt —
Wie du am heiligen Abend vor Wey-
nachten die Hirten des ganzen Kirchſpiels vor
das
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/357>, abgerufen am 23.11.2024.
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