mit dem Gedanken auf, und schlief mit dem Gedanken ein, warum sagt er denn nicht wenigstens seiner Familie wo man um diese Jahrszeit Spargel ißt, wo man um diese Zeit eine Pfeife in der freien Luft raucht, wo man Trauben hat, den Wein bey seiner Quelle genießt und (welches mich am meisten intreßirte) lange Manschetten trägt.
So geheim mein Vater mit seinem Va- terlande und seiner Familie war; so freigebig war meine Mutter so oft sie von ihrer Fa- milie Etwas zu erzählen Gelegenheit hatte. Sie wußte sich sehr viel damit, daß sie, wie sie sagte, aus dem Stamme Levi wäre und zählte fünf Priester oder (damit die in Cur- land herrschende lutherische Kirche, kein Aer- gernis nehme) Prediger Ahnen, von Vater und vier von mütterlicher Seite. Einer ihrer Ahnherren war Superintendent, und zwei waren Präpositi gewesen. Sie rechnete sich wiewol von der Seitenlinie zu den Verwand- ten des Superintendenten Paul Einhorn, dessen Vater Alexander Einhorn der zweite curländische Superintendent gewesen war, und wenn sie an den Eifer dachte mit welchem der Ehrn Paul Einhorn sich der Annehmung des gregorianischen Calenders widersezet; so
schien
mit dem Gedanken auf, und ſchlief mit dem Gedanken ein, warum ſagt er denn nicht wenigſtens ſeiner Familie wo man um dieſe Jahrszeit Spargel ißt, wo man um dieſe Zeit eine Pfeife in der freien Luft raucht, wo man Trauben hat, den Wein bey ſeiner Quelle genießt und (welches mich am meiſten intreßirte) lange Manſchetten traͤgt.
So geheim mein Vater mit ſeinem Va- terlande und ſeiner Familie war; ſo freigebig war meine Mutter ſo oft ſie von ihrer Fa- milie Etwas zu erzaͤhlen Gelegenheit hatte. Sie wußte ſich ſehr viel damit, daß ſie, wie ſie ſagte, aus dem Stamme Levi waͤre und zaͤhlte fuͤnf Prieſter oder (damit die in Cur- land herrſchende lutheriſche Kirche, kein Aer- gernis nehme) Prediger Ahnen, von Vater und vier von muͤtterlicher Seite. Einer ihrer Ahnherren war Superintendent, und zwei waren Praͤpoſiti geweſen. Sie rechnete ſich wiewol von der Seitenlinie zu den Verwand- ten des Superintendenten Paul Einhorn, deſſen Vater Alexander Einhorn der zweite curlaͤndiſche Superintendent geweſen war, und wenn ſie an den Eifer dachte mit welchem der Ehrn Paul Einhorn ſich der Annehmung des gregorianiſchen Calenders widerſezet; ſo
ſchien
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mit dem Gedanken auf, und ſchlief mit dem
Gedanken ein, warum ſagt er denn nicht
wenigſtens ſeiner Familie wo man um dieſe
Jahrszeit Spargel ißt, wo man um dieſe
Zeit eine Pfeife in der freien Luft raucht, wo
man Trauben hat, den Wein bey ſeiner
Quelle genießt und (welches mich am meiſten
intreßirte) lange Manſchetten traͤgt.
So geheim mein Vater mit ſeinem Va-
terlande und ſeiner Familie war; ſo freigebig
war meine Mutter ſo oft ſie von ihrer Fa-
milie Etwas zu erzaͤhlen Gelegenheit hatte.
Sie wußte ſich ſehr viel damit, daß ſie, wie
ſie ſagte, aus dem Stamme Levi waͤre und
zaͤhlte fuͤnf Prieſter oder (damit die in Cur-
land herrſchende lutheriſche Kirche, kein Aer-
gernis nehme) Prediger Ahnen, von Vater
und vier von muͤtterlicher Seite. Einer ihrer
Ahnherren war Superintendent, und zwei
waren Praͤpoſiti geweſen. Sie rechnete ſich
wiewol von der Seitenlinie zu den Verwand-
ten des Superintendenten Paul Einhorn,
deſſen Vater Alexander Einhorn der zweite
curlaͤndiſche Superintendent geweſen war,
und wenn ſie an den Eifer dachte mit welchem
der Ehrn Paul Einhorn ſich der Annehmung
des gregorianiſchen Calenders widerſezet; ſo
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/33>, abgerufen am 24.11.2024.
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