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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Jezt spannte dein Vater sich aus, rauchte
sein Pfeifchen und that eine Mahlzeit, daß
meine Mutter nachher zu mir (auch im Scher-
ze, denn sie hungerte vor Freuden, wenns
ihrem Gast' schmeckte) sagte: wäre der Can-
didat unter den vier tausend Mann gewesen,
so viel Körbe wären nicht übrig geblieben --

Dein Vater muß es selbst gemerkt haben;
denn er bewies sehr gelehrt, daß man im
Winter bessern Appetit, als im Sommer hätte,
so wie eine übermäßige Kälte auch schläfrig
mache. Das eine hatte er weidlich bewiesen,
das andre war er im Begriff zu thun.

Mir strahlte dein Vater, ich muß es
frey gestehen, gleich ins Herz, obgleich eine
übermäßige Kälte, so wie eine übermäßige
Hitze, schläfrig macht. Ich sah nicht mehr
gerad aus, sondern sehr oft von der Rechten
zur Linken, und war dein Vater, der uns
oft besuchte, gegenwärtig; so konnte mich
das mindeste roth machen. Ein gestohlnes
Schaaf machte mich über und über roth,
wenn man den Dieb nicht wußte und die
Frage aufwarf: wer kann es wohl gestoh-
len haben? Wenn mich dein Vater fragte:
ob ich wohl geruhet hätte? war Feu'r im

Dach
R 3

Jezt ſpannte dein Vater ſich aus, rauchte
ſein Pfeifchen und that eine Mahlzeit, daß
meine Mutter nachher zu mir (auch im Scher-
ze, denn ſie hungerte vor Freuden, wenns
ihrem Gaſt’ ſchmeckte) ſagte: waͤre der Can-
didat unter den vier tauſend Mann geweſen,
ſo viel Koͤrbe waͤren nicht uͤbrig geblieben —

Dein Vater muß es ſelbſt gemerkt haben;
denn er bewies ſehr gelehrt, daß man im
Winter beſſern Appetit, als im Sommer haͤtte,
ſo wie eine uͤbermaͤßige Kaͤlte auch ſchlaͤfrig
mache. Das eine hatte er weidlich bewieſen,
das andre war er im Begriff zu thun.

Mir ſtrahlte dein Vater, ich muß es
frey geſtehen, gleich ins Herz, obgleich eine
uͤbermaͤßige Kaͤlte, ſo wie eine uͤbermaͤßige
Hitze, ſchlaͤfrig macht. Ich ſah nicht mehr
gerad aus, ſondern ſehr oft von der Rechten
zur Linken, und war dein Vater, der uns
oft beſuchte, gegenwaͤrtig; ſo konnte mich
das mindeſte roth machen. Ein geſtohlnes
Schaaf machte mich uͤber und uͤber roth,
wenn man den Dieb nicht wußte und die
Frage aufwarf: wer kann es wohl geſtoh-
len haben? Wenn mich dein Vater fragte:
ob ich wohl geruhet haͤtte? war Feu’r im

Dach
R 3
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[259/0271] Jezt ſpannte dein Vater ſich aus, rauchte ſein Pfeifchen und that eine Mahlzeit, daß meine Mutter nachher zu mir (auch im Scher- ze, denn ſie hungerte vor Freuden, wenns ihrem Gaſt’ ſchmeckte) ſagte: waͤre der Can- didat unter den vier tauſend Mann geweſen, ſo viel Koͤrbe waͤren nicht uͤbrig geblieben — Dein Vater muß es ſelbſt gemerkt haben; denn er bewies ſehr gelehrt, daß man im Winter beſſern Appetit, als im Sommer haͤtte, ſo wie eine uͤbermaͤßige Kaͤlte auch ſchlaͤfrig mache. Das eine hatte er weidlich bewieſen, das andre war er im Begriff zu thun. Mir ſtrahlte dein Vater, ich muß es frey geſtehen, gleich ins Herz, obgleich eine uͤbermaͤßige Kaͤlte, ſo wie eine uͤbermaͤßige Hitze, ſchlaͤfrig macht. Ich ſah nicht mehr gerad aus, ſondern ſehr oft von der Rechten zur Linken, und war dein Vater, der uns oft beſuchte, gegenwaͤrtig; ſo konnte mich das mindeſte roth machen. Ein geſtohlnes Schaaf machte mich uͤber und uͤber roth, wenn man den Dieb nicht wußte und die Frage aufwarf: wer kann es wohl geſtoh- len haben? Wenn mich dein Vater fragte: ob ich wohl geruhet haͤtte? war Feu’r im Dach R 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/271>, abgerufen am 24.11.2024.