hatte lange sprachlos gelegen, da ich ihr aber unsre Liebe erzählte, bekam sie ihre Sprache wieder. Zacharias fiel mir ein mit seinem -- "er soll Johannes heißen" Sie nandte dich Sohn. Das hätte sie in dieser Welt nicht das Herz gehabt, wenn ich gleich würklich die Frau Pastorin gewesen wäre. Sie fühlt' aber wer sie war! Sie fühlt' ihre Beförde- rung zum Engel. Sohn! Sohn! Sohn! sprach sie, als ob sie sich dabey was zu gut thäte, und blieb im Seegnen -- -- Gewiß hat sies mit himmlischen Worten fortgesetzet, was sie mit irrdischen angefangen, und was sie in Schwachheit begann, geendiget mit Kraft. Gott schenck ihr die himmlische See- ligkeit, die sanfte ewge Ruhe der Auserwähl- ten! Auf ihrem Grabe will ich offt Rath holen wenn ich in deiner Abwesenheit Rath bedarf -- du mußt noch offt, offt so schwarz, so nackt, so unbegraßt, so unbeblümt es gleich da ist (Wer wird sich aber für Staub, für seines gleichen, fürchten?) offt mußt du noch an ihr Grab mit mir wallfahrten. O Lie- ber! mir ist so -- so -- rings ums Herz, als wenn ich meiner Mutter bald folgen werde -- und hätt ich dich nicht -- wie gern! wie gern! ich hätt diese letzte Zeilen
gerne
hatte lange ſprachlos gelegen, da ich ihr aber unſre Liebe erzaͤhlte, bekam ſie ihre Sprache wieder. Zacharias fiel mir ein mit ſeinem — „er ſoll Johannes heißen„ Sie nandte dich Sohn. Das haͤtte ſie in dieſer Welt nicht das Herz gehabt, wenn ich gleich wuͤrklich die Frau Paſtorin geweſen waͤre. Sie fuͤhlt’ aber wer ſie war! Sie fuͤhlt’ ihre Befoͤrde- rung zum Engel. Sohn! Sohn! Sohn! ſprach ſie, als ob ſie ſich dabey was zu gut thaͤte, und blieb im Seegnen — — Gewiß hat ſies mit himmliſchen Worten fortgeſetzet, was ſie mit irrdiſchen angefangen, und was ſie in Schwachheit begann, geendiget mit Kraft. Gott ſchenck ihr die himmliſche See- ligkeit, die ſanfte ewge Ruhe der Auserwaͤhl- ten! Auf ihrem Grabe will ich offt Rath holen wenn ich in deiner Abweſenheit Rath bedarf — du mußt noch offt, offt ſo ſchwarz, ſo nackt, ſo unbegraßt, ſo unbebluͤmt es gleich da iſt (Wer wird ſich aber fuͤr Staub, fuͤr ſeines gleichen, fuͤrchten?) offt mußt du noch an ihr Grab mit mir wallfahrten. O Lie- ber! mir iſt ſo — ſo — rings ums Herz, als wenn ich meiner Mutter bald folgen werde — und haͤtt ich dich nicht — wie gern! wie gern! ich haͤtt dieſe letzte Zeilen
gerne
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hatte lange ſprachlos gelegen, da ich ihr aber
unſre Liebe erzaͤhlte, bekam ſie ihre Sprache
wieder. Zacharias fiel mir ein mit ſeinem —
„er ſoll Johannes heißen„ Sie nandte dich
Sohn. Das haͤtte ſie in dieſer Welt nicht
das Herz gehabt, wenn ich gleich wuͤrklich
die Frau Paſtorin geweſen waͤre. Sie fuͤhlt’
aber wer ſie war! Sie fuͤhlt’ ihre Befoͤrde-
rung zum Engel. Sohn! Sohn! Sohn!
ſprach ſie, als ob ſie ſich dabey was zu gut
thaͤte, und blieb im Seegnen — — Gewiß
hat ſies mit himmliſchen Worten fortgeſetzet,
was ſie mit irrdiſchen angefangen, und was
ſie in Schwachheit begann, geendiget mit
Kraft. Gott ſchenck ihr die himmliſche See-
ligkeit, die ſanfte ewge Ruhe der Auserwaͤhl-
ten! Auf ihrem Grabe will ich offt Rath
holen wenn ich in deiner Abweſenheit Rath
bedarf — du mußt noch offt, offt ſo ſchwarz,
ſo nackt, ſo unbegraßt, ſo unbebluͤmt es gleich
da iſt (Wer wird ſich aber fuͤr Staub, fuͤr
ſeines gleichen, fuͤrchten?) offt mußt du noch
an ihr Grab mit mir wallfahrten. O Lie-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/261>, abgerufen am 23.11.2024.
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