Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.einen Arzt annimmt hat vom Tode Hand- ich
einen Arzt annimmt hat vom Tode Hand- ich
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einen Arzt annimmt hat vom Tode Hand-
geld genommen. Aerzte ſind ſeine Werber! —
Mein Vater ſprach den Recepten Ehr und
Redlichkeit ab. Haͤtte die Natur nicht ge-
miſcht wenn die Miſchung noͤtig geweſen?
Er wolte, daß man den Aerzten den Pro-
viant abſchneiden und die Apothecken zerſtoͤ-
ren ſolte. Den Arzeneien aus dem Pflan-
zenreiche lies er Gerechtigkeit widerfahren.
Wenn ein Arzt fuhr er fort kranck wird curirt
er ſich nicht ſelbſt, ſondern erſucht ſeine Her-
ren Collegen Standrecht uͤber ihn zu halten.
Er ſelbſt weiß wol daß er nichts weiß; indeſ-
ſen mit der Kunſt gehts ihm wie einem Luͤg-
ner mit der Luͤge, die er oft und viel fuͤr
Wahrheit ausgegeben — wie einem Schwarz-
kuͤnſtler — Der Arzt haͤlt die Kunſt am
Ende ſelbſt fuͤr Wahrheit, und denckt die Un-
wiſſenheit hab’ an ihm gelegen. Ein krancker
Arzt ſchickt alſo zu andern Aerzten und dieſe
wenn gleich ſie den Krancken wegen ſeiner zeit-
hero geleiſteten vielen Wundercuren wodurch
er ſie bey weitem uͤbertroffen, von Herzen
beneiden; denken doch heute mir! morgen
dir; und wuͤrden dem Herrn Collegen gerne
helfen — wenn ſie nur koͤnnten. Wenn
die Natur ſich ſelbſt nicht mehr helfen kann,
ich
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Zitationshilfe: | Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/172>, abgerufen am 16.02.2025. |