In Neuseeland stimmen die Frauen für die liberale Partei. Ein bezüglicher Bericht sagt darüber unter Anderem: "Die Frauen eilen in Mengen an die Wahlurne. Sie nehmen das grösste Interesse an den politischen Käm- pfen und tragen bedeutend dazu bei, dass dieselben in Ruhe und Frieden abgehen. Den Frauen haben es übrigens die Liberalen vor Allem zu danken, dass sie bei den jüngsten Wahlen einen so glänzenden Sieg davongetragen. Die Be- fürchtung, die weiblichen Wähler möchten sich von der Geistlichkeit leiten lassen, hat sich nicht bestätigt; sie traten im Gegentheil mit voller Energie für die jetzige freie, welt- liche und obligatorische Schule ein. Wahr ist allerdings, dass die Frauen in vielen Fällen ihren Eifer für die Mässigkeits- sache bezeugten, aber für gänzliches Verbot des Genusses geistiger Getränke waren die wenigsten. Im Ganzen zeigten sie bei der ersten Wahl, an welcher sie theilnahmen, eher die Tendenz, mit ihren männlichen Mitwählern zu harmoniren, als denselben Opposition zu machen. Einige Politiker schrieben es dem Einfluss der neuseeländischen Frauen zu, dass die Legislatur auch die Ernennung von Frauen zu Inspektoren von Irrenhäusern gestattet hat, dass ein Gesetz zum Schutz der Säuglinge gegeben, dass die Adoption von Kindern ge- setzlich besser geregelt worden ist und die Behörden jetzt streng gegen Bordelle vorgehen. Eines ist jedenfalls sicher, der Trunksucht und deren Förderern hat die weibliche Wähler- schaft Neuseelands den Vernichtungskrieg erklärt."
In Holland lautet das Programm der neuen "Nieder- ländischen Volkspartei" gleich in seinem ersten Artikel: "Zweck der Niederländischen Volkspartei ist: a) die Erlangung des allgemeinen gleichen Wahlrechts für alle voll- jährigen männlichen und weiblichen Niederländer, denen das- selbe nicht durch richterliches Urtheil aberkannt ist, oder
Frauenstimmrecht.
In Neuseeland stimmen die Frauen für die liberale Partei. Ein bezüglicher Bericht sagt darüber unter Anderem: «Die Frauen eilen in Mengen an die Wahlurne. Sie nehmen das grösste Interesse an den politischen Käm- pfen und tragen bedeutend dazu bei, dass dieselben in Ruhe und Frieden abgehen. Den Frauen haben es übrigens die Liberalen vor Allem zu danken, dass sie bei den jüngsten Wahlen einen so glänzenden Sieg davongetragen. Die Be- fürchtung, die weiblichen Wähler möchten sich von der Geistlichkeit leiten lassen, hat sich nicht bestätigt; sie traten im Gegentheil mit voller Energie für die jetzige freie, welt- liche und obligatorische Schule ein. Wahr ist allerdings, dass die Frauen in vielen Fällen ihren Eifer für die Mässigkeits- sache bezeugten, aber für gänzliches Verbot des Genusses geistiger Getränke waren die wenigsten. Im Ganzen zeigten sie bei der ersten Wahl, an welcher sie theilnahmen, eher die Tendenz, mit ihren männlichen Mitwählern zu harmoniren, als denselben Opposition zu machen. Einige Politiker schrieben es dem Einfluss der neuseeländischen Frauen zu, dass die Legislatur auch die Ernennung von Frauen zu Inspektoren von Irrenhäusern gestattet hat, dass ein Gesetz zum Schutz der Säuglinge gegeben, dass die Adoption von Kindern ge- setzlich besser geregelt worden ist und die Behörden jetzt streng gegen Bordelle vorgehen. Eines ist jedenfalls sicher, der Trunksucht und deren Förderern hat die weibliche Wähler- schaft Neuseelands den Vernichtungskrieg erklärt.»
In Holland lautet das Programm der neuen «Nieder- ländischen Volkspartei» gleich in seinem ersten Artikel: «Zweck der Niederländischen Volkspartei ist: a) die Erlangung des allgemeinen gleichen Wahlrechts für alle voll- jährigen männlichen und weiblichen Niederländer, denen das- selbe nicht durch richterliches Urtheil aberkannt ist, oder
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0040"n="280"/><fwplace="top"type="header">Frauenstimmrecht.</fw><p>In <hirendition="#g">Neuseeland</hi> stimmen die Frauen für die <hirendition="#g">liberale</hi><lb/>
Partei. Ein bezüglicher Bericht sagt darüber unter Anderem:<lb/>
«Die Frauen eilen in Mengen an die Wahlurne. Sie<lb/>
nehmen das grösste Interesse an den politischen Käm-<lb/>
pfen und tragen bedeutend dazu bei, dass dieselben in<lb/>
Ruhe und Frieden abgehen. Den Frauen haben es übrigens<lb/>
die Liberalen vor Allem zu danken, dass sie bei den jüngsten<lb/>
Wahlen einen so glänzenden Sieg davongetragen. Die Be-<lb/>
fürchtung, die weiblichen Wähler möchten sich von der<lb/>
Geistlichkeit leiten lassen, hat sich nicht bestätigt; sie traten<lb/>
im Gegentheil mit voller Energie für die jetzige freie, welt-<lb/>
liche und obligatorische Schule ein. Wahr ist allerdings, dass<lb/>
die Frauen in vielen Fällen ihren Eifer für die Mässigkeits-<lb/>
sache bezeugten, aber für gänzliches Verbot des Genusses<lb/>
geistiger Getränke waren die wenigsten. Im Ganzen zeigten<lb/>
sie bei der ersten Wahl, an welcher sie theilnahmen, eher die<lb/>
Tendenz, mit ihren männlichen Mitwählern zu harmoniren,<lb/>
als denselben Opposition zu machen. Einige Politiker schrieben<lb/>
es dem Einfluss der neuseeländischen Frauen zu, dass die<lb/>
Legislatur auch die Ernennung von Frauen zu Inspektoren<lb/>
von Irrenhäusern gestattet hat, dass ein Gesetz zum Schutz<lb/>
der Säuglinge gegeben, dass die Adoption von Kindern ge-<lb/>
setzlich besser geregelt worden ist und die Behörden jetzt<lb/>
streng gegen Bordelle vorgehen. Eines ist jedenfalls sicher,<lb/>
der Trunksucht und deren Förderern hat die weibliche Wähler-<lb/>
schaft Neuseelands den Vernichtungskrieg erklärt.»</p><lb/><p>In <hirendition="#g">Holland</hi> lautet das Programm der neuen «Nieder-<lb/>
ländischen Volkspartei» gleich in seinem ersten Artikel:<lb/>
«Zweck der <hirendition="#g">Niederländischen Volkspartei</hi> ist: a) die<lb/>
Erlangung des allgemeinen gleichen Wahlrechts für alle voll-<lb/>
jährigen männlichen und weiblichen Niederländer, denen das-<lb/>
selbe nicht durch richterliches Urtheil aberkannt ist, oder<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[280/0040]
Frauenstimmrecht.
In Neuseeland stimmen die Frauen für die liberale
Partei. Ein bezüglicher Bericht sagt darüber unter Anderem:
«Die Frauen eilen in Mengen an die Wahlurne. Sie
nehmen das grösste Interesse an den politischen Käm-
pfen und tragen bedeutend dazu bei, dass dieselben in
Ruhe und Frieden abgehen. Den Frauen haben es übrigens
die Liberalen vor Allem zu danken, dass sie bei den jüngsten
Wahlen einen so glänzenden Sieg davongetragen. Die Be-
fürchtung, die weiblichen Wähler möchten sich von der
Geistlichkeit leiten lassen, hat sich nicht bestätigt; sie traten
im Gegentheil mit voller Energie für die jetzige freie, welt-
liche und obligatorische Schule ein. Wahr ist allerdings, dass
die Frauen in vielen Fällen ihren Eifer für die Mässigkeits-
sache bezeugten, aber für gänzliches Verbot des Genusses
geistiger Getränke waren die wenigsten. Im Ganzen zeigten
sie bei der ersten Wahl, an welcher sie theilnahmen, eher die
Tendenz, mit ihren männlichen Mitwählern zu harmoniren,
als denselben Opposition zu machen. Einige Politiker schrieben
es dem Einfluss der neuseeländischen Frauen zu, dass die
Legislatur auch die Ernennung von Frauen zu Inspektoren
von Irrenhäusern gestattet hat, dass ein Gesetz zum Schutz
der Säuglinge gegeben, dass die Adoption von Kindern ge-
setzlich besser geregelt worden ist und die Behörden jetzt
streng gegen Bordelle vorgehen. Eines ist jedenfalls sicher,
der Trunksucht und deren Förderern hat die weibliche Wähler-
schaft Neuseelands den Vernichtungskrieg erklärt.»
In Holland lautet das Programm der neuen «Nieder-
ländischen Volkspartei» gleich in seinem ersten Artikel:
«Zweck der Niederländischen Volkspartei ist: a) die
Erlangung des allgemeinen gleichen Wahlrechts für alle voll-
jährigen männlichen und weiblichen Niederländer, denen das-
selbe nicht durch richterliches Urtheil aberkannt ist, oder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Projekt: Texte zur Frauenfrage um 1900 Gießen/Kassel: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-07-12T09:45:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Thomas Gloning, Melanie Henß: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-07-12T09:45:20Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-07-12T09:45:20Z)
Hilty, Carl: Frauenstimmrecht. In: Hilty, Carl (Hg.): Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Bern, 1897, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hilty_frauenstimmrecht_1897/40>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.