Hilscher, Paul Christian: Nachricht von der aus ihrem Grabe wieder auferstandenen Goldschmids-Frau in Dreßden. Dresden, 1723.Jst etwas recht entsetzliches stand geschehe, ist eine sehr grosse Sünde,und um so viel grösser, ie mehr man Er- käntniß von der Sache hat, oder doch nur haben könte. Denn, man kan es nicht an- ders/ als eine, der allergrausamsten Art einer Ermordung ansehen, daß man mit einen vor todt gehaltenen, aber doch noch leb nden Menschen, eben so, wie mit einen wahrhaff- tig verstorbenen, umbgehet, ihn in einen Sarg versperret, mit Erde bedecket, und also ohne dabey habendes Nachsinnen recht jämmerlich umkommen läst. Man erwege nur wie einer, den man aufgehenckt, und ihm nicht die ge- wöhnliche Hülffe zu Beförderung seines To- des gethan hat, sich alsdann so elendiglich mar- tere? wie er in seinen Gesichte gantz schwartz werde? wie ihm alle Adern auflauffen? wie er einen überaus kläglichen Thon von sich ge- be? wie er endlich so erbärmliche Geberden mache, daß man nothwendig daraus ein gantz unsägliches Leyden abnehmen kan? Jch halte aber davor/ daß ein vor todt begrabener, und in seinen Sarge wiederum zu sich selbst kom- mender Mensch, ein weit mehrers ausstehen müsse, wenn er, als aus einen Traum er- wachend, sich in einen solchen engen, dazu gantz finstern/ und wegen E[r]mangelung der Lufft recht
Jſt etwas recht entſetzliches ſtand geſchehe, iſt eine ſehr groſſe Suͤnde,und um ſo viel groͤſſer, ie mehr man Er- kaͤntniß von der Sache hat, oder doch nur haben koͤnte. Denn, man kan es nicht an- ders/ als eine, der allergrauſamſten Art einer Ermordung anſehen, daß man mit einen vor todt gehaltenen, aber doch noch leb nden Menſchen, eben ſo, wie mit einen wahrhaff- tig verſtorbenen, umbgehet, ihn in einen Sarg verſperret, mit Erde bedecket, und alſo ohne dabey habendes Nachſinnen recht jaͤmmerlich umkommen laͤſt. Man erwege nur wie einer, den man aufgehenckt, und ihm nicht die ge- woͤhnliche Huͤlffe zu Befoͤrderung ſeines To- des gethan hat, ſich alsdann ſo elendiglich mar- tere? wie er in ſeinen Geſichte gantz ſchwartz werde? wie ihm alle Adern auflauffen? wie er einen uͤberaus klaͤglichen Thon von ſich ge- be? wie er endlich ſo erbaͤrmliche Geberden mache, daß man nothwendig daraus ein gantz unſaͤgliches Leyden abnehmen kan? Jch halte aber davor/ daß ein vor todt begrabener, und in ſeinen Sarge wiederum zu ſich ſelbſt kom- mender Menſch, ein weit mehrers ausſtehen muͤſſe, wenn er, als aus einen Traum er- wachend, ſich in einen ſolchen engen, dazu gantz finſtern/ und wegen E[r]mangelung der Lufft recht
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Jſt etwas recht entſetzliches
ſtand geſchehe, iſt eine ſehr groſſe Suͤnde,
und um ſo viel groͤſſer, ie mehr man Er-
kaͤntniß von der Sache hat, oder doch nur
haben koͤnte. Denn, man kan es nicht an-
ders/ als eine, der allergrauſamſten Art einer
Ermordung anſehen, daß man mit einen vor
todt gehaltenen, aber doch noch leb nden
Menſchen, eben ſo, wie mit einen wahrhaff-
tig verſtorbenen, umbgehet, ihn in einen Sarg
verſperret, mit Erde bedecket, und alſo ohne
dabey habendes Nachſinnen recht jaͤmmerlich
umkommen laͤſt. Man erwege nur wie einer,
den man aufgehenckt, und ihm nicht die ge-
woͤhnliche Huͤlffe zu Befoͤrderung ſeines To-
des gethan hat, ſich alsdann ſo elendiglich mar-
tere? wie er in ſeinen Geſichte gantz ſchwartz
werde? wie ihm alle Adern auflauffen? wie
er einen uͤberaus klaͤglichen Thon von ſich ge-
be? wie er endlich ſo erbaͤrmliche Geberden
mache, daß man nothwendig daraus ein gantz
unſaͤgliches Leyden abnehmen kan? Jch halte
aber davor/ daß ein vor todt begrabener, und
in ſeinen Sarge wiederum zu ſich ſelbſt kom-
mender Menſch, ein weit mehrers ausſtehen
muͤſſe, wenn er, als aus einen Traum er-
wachend, ſich in einen ſolchen engen, dazu gantz
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