Hilbert, David: Mathematische Probleme. Vortrag, gehalten auf dem internationalen Mathematiker-Kongreß zu Paris 1900. Göttingen, 1900.D. Hilbert, der automorphen Funktionen 1) untersucht worden und endlichhaben Fedorow2), Schoenflies3) und neuerdings Rohn4) den Be- weis dafür erbracht, daß es im Euklidischen Raume nur eine endliche Zahl wesentlich verschiedener Arten von Bewegungsgruppen mit Fundamentalbereich giebt. Während nun die den elliptischen und hyperbolischen Raum betreffenden Resultate und Beweismethoden unmittelbar auch für den n-dimensionalen Raum Geltung haben, so scheint die Verallgemeinerung des den Euklidischen Raum be- treffenden Satzes erhebliche Schwierigkeiten zu bieten und es ist daher die Untersuchung der Frage wünschenswert, ob es auch im n-dimensionalen Euklidischen Raume nur eine endliche Anzahl wesentlich verschiedener Arten von Bewegungsgruppen mit Funda- mentalbereich giebt. Ein Fundamentalbereich einer jeden Bewegungsgruppe zu- Ueberblicken wir die Entwickelung der Theorie der Func- Wir könnten nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten aus 1) Leipzig 1897. Vgl. insbesondere Abschnitt I, Kap. 2--3. 2) Symmetrie der regelmäßigen Systeme von Figuren 1890. 3) Krystallsysteme und Krystallstructur, Leipzig 1891. 4) Mathematische Annalen Bd. 53.
D. Hilbert, der automorphen Funktionen 1) untersucht worden und endlichhaben Fedorow2), Schoenflies3) und neuerdings Rohn4) den Be- weis dafür erbracht, daß es im Euklidischen Raume nur eine endliche Zahl wesentlich verschiedener Arten von Bewegungsgruppen mit Fundamentalbereich giebt. Während nun die den elliptischen und hyperbolischen Raum betreffenden Resultate und Beweismethoden unmittelbar auch für den n-dimensionalen Raum Geltung haben, so scheint die Verallgemeinerung des den Euklidischen Raum be- treffenden Satzes erhebliche Schwierigkeiten zu bieten und es ist daher die Untersuchung der Frage wünschenswert, ob es auch im n-dimensionalen Euklidischen Raume nur eine endliche Anzahl wesentlich verschiedener Arten von Bewegungsgruppen mit Funda- mentalbereich giebt. Ein Fundamentalbereich einer jeden Bewegungsgruppe zu- Ueberblicken wir die Entwickelung der Theorie der Func- Wir könnten nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten aus 1) Leipzig 1897. Vgl. insbesondere Abschnitt I, Kap. 2—3. 2) Symmetrie der regelmäßigen Systeme von Figuren 1890. 3) Krystallsysteme und Krystallstructur, Leipzig 1891. 4) Mathematische Annalen Bd. 53.
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D. Hilbert,
der automorphen Funktionen 1) untersucht worden und endlich
haben Fedorow 2), Schoenflies 3) und neuerdings Rohn 4) den Be-
weis dafür erbracht, daß es im Euklidischen Raume nur eine
endliche Zahl wesentlich verschiedener Arten von Bewegungsgruppen
mit Fundamentalbereich giebt. Während nun die den elliptischen und
hyperbolischen Raum betreffenden Resultate und Beweismethoden
unmittelbar auch für den n-dimensionalen Raum Geltung haben,
so scheint die Verallgemeinerung des den Euklidischen Raum be-
treffenden Satzes erhebliche Schwierigkeiten zu bieten und es ist
daher die Untersuchung der Frage wünschenswert, ob es auch im
n-dimensionalen Euklidischen Raume nur eine endliche Anzahl
wesentlich verschiedener Arten von Bewegungsgruppen mit Funda-
mentalbereich giebt.
Ein Fundamentalbereich einer jeden Bewegungsgruppe zu-
sammen mit den congruenten aus der Gruppe entspringenden Be-
reichen liefert offenbar eine lückenlose Ueberdeckung des Raumes.
Es erhebt sich die Frage, ob ferner auch solche Polyeder existiren, die
nicht als Fundamentalbereiche von Bewegungsgruppen auftreten und
mittelst derer dennoch durch geeignete Aneinanderlagerung congruenter
Exemplare eine lückenlose Erfüllung des ganzen Raumes möglich ist.
Ich weise auf die hiermit in Zusammenhang stehende, für die Zahlen-
theorie wichtige und vielleicht auch der Physik und Chemie ein-
mal Nutzen bringende Frage hin, wie man unendlich viele Körper
von der gleichen vorgeschriebenen Gestalt, etwa Kugeln mit ge-
gebenem Radius oder reguläre Tetraeter mit gegebener Kante
(bez. in vorgeschriebener Stellung) im Raume am dichtesten ein-
betten, d. h. so lagern kann, daß das Verhältnis des erfüllten
Raumes zum nichterfüllten Raume möglichst groß ausfällt.
Ueberblicken wir die Entwickelung der Theorie der Func-
tionen im letzten Jahrhundert, so bemerken wir vor Allem die
fundamentale Rolle derjenigen Klasse von Functionen, die wir
heute als analytische Functionen bezeichnen — eine Klasse von
Functionen, die wohl dauernd im Mittelpunkt des mathematischen
Interesses stehen wird.
Wir könnten nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten aus
der Fülle aller denkbaren Functionen umfassende Klassen heraus-
1) Leipzig 1897. Vgl. insbesondere Abschnitt I, Kap. 2—3.
2) Symmetrie der regelmäßigen Systeme von Figuren 1890.
3) Krystallsysteme und Krystallstructur, Leipzig 1891.
4) Mathematische Annalen Bd. 53.
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