Hilbert, David: Mathematische Probleme. Vortrag, gehalten auf dem internationalen Mathematiker-Kongreß zu Paris 1900. Göttingen, 1900.mathematische Probleme. handlung "Ueber die Anzahl der Primzahlen unter einer gege-benen Größe" gestellt hat, ist es jedoch noch nötig, die Richtig- tigkeit der äußerst wichtigen Behauptung von Riemann nachzu- weisen, daß die Nullstellen der Function z(s), die durch die Reihe [Formel 1] dargestellt wird, sämtlich den reellen Bestandteil 1/2 haben -- wenn man von den bekannten negativ ganzzahligen Nullstellen absieht. Sobald dieser Nachweis gelungen ist, so würde die weitere Auf- gabe darin bestehen, die Riemannsche unendliche Reihe für die Anzahl der Primzahlen genauer zu prüfen und insbesondere zu entscheiden, ob die Differenz zwischen der Anzahl der Primzahlen unterhalb einer Größe x und dem Integrallogarithmus von x in der That von nicht höherer als der 1/2 ten Ordnung in x unendlich wird, und ferner, ob dann die von den ersten complexen Nullstellen der Function z(s) abhängenden Glieder der Riemannschen Formel wirklich die stellenweise Verdichtung der Primzahlen bedingen, welche man bei den Zählungen der Primzahlen bemerkt hat. Nach einer erschöpfenden Diskussion der Riemannschen Aber von nicht geringerem Interesse und vielleicht von noch 1) Vgl. P. Stäckel: Ueber Goldbach's empirisches Theorem. Nachrichten der K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen 1896 und Landau, ebenda 1900. 20*
mathematische Probleme. handlung „Ueber die Anzahl der Primzahlen unter einer gege-benen Größe“ gestellt hat, ist es jedoch noch nötig, die Richtig- tigkeit der äußerst wichtigen Behauptung von Riemann nachzu- weisen, daß die Nullstellen der Function ζ(s), die durch die Reihe [Formel 1] dargestellt wird, sämtlich den reellen Bestandteil 1/2 haben — wenn man von den bekannten negativ ganzzahligen Nullstellen absieht. Sobald dieser Nachweis gelungen ist, so würde die weitere Auf- gabe darin bestehen, die Riemannsche unendliche Reihe für die Anzahl der Primzahlen genauer zu prüfen und insbesondere zu entscheiden, ob die Differenz zwischen der Anzahl der Primzahlen unterhalb einer Größe x und dem Integrallogarithmus von x in der That von nicht höherer als der 1/2 ten Ordnung in x unendlich wird, und ferner, ob dann die von den ersten complexen Nullstellen der Function ζ(s) abhängenden Glieder der Riemannschen Formel wirklich die stellenweise Verdichtung der Primzahlen bedingen, welche man bei den Zählungen der Primzahlen bemerkt hat. Nach einer erschöpfenden Diskussion der Riemannschen Aber von nicht geringerem Interesse und vielleicht von noch 1) Vgl. P. Stäckel: Ueber Goldbach’s empirisches Theorem. Nachrichten der K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen 1896 und Landau, ebenda 1900. 20*
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mathematische Probleme.
handlung „Ueber die Anzahl der Primzahlen unter einer gege-
benen Größe“ gestellt hat, ist es jedoch noch nötig, die Richtig-
tigkeit der äußerst wichtigen Behauptung von Riemann nachzu-
weisen, daß die Nullstellen der Function ζ(s), die durch die Reihe
[FORMEL] dargestellt wird, sämtlich den reellen Bestandteil 1/2 haben — wenn
man von den bekannten negativ ganzzahligen Nullstellen absieht.
Sobald dieser Nachweis gelungen ist, so würde die weitere Auf-
gabe darin bestehen, die Riemannsche unendliche Reihe für die
Anzahl der Primzahlen genauer zu prüfen und insbesondere zu
entscheiden, ob die Differenz zwischen der Anzahl der Primzahlen
unterhalb einer Größe x und dem Integrallogarithmus von x in der
That von nicht höherer als der 1/2 ten Ordnung in x unendlich wird,
und ferner, ob dann die von den ersten complexen Nullstellen der
Function ζ(s) abhängenden Glieder der Riemannschen Formel
wirklich die stellenweise Verdichtung der Primzahlen bedingen,
welche man bei den Zählungen der Primzahlen bemerkt hat.
Nach einer erschöpfenden Diskussion der Riemannschen
Primzahlenformel wird man vielleicht dereinst in die Lage kommen,
an die strenge Beantwortung des Problems von Goldbach 1) zu
gehen, ob jede gerade Zahl als Summe zweier Primzahlen dar-
stellbar ist, ferner an die bekannte Frage, ob es unendlich viele
Primzahlenpaare mit der Differenz 2 giebt oder gar an das allge-
meinere Problem, ob die lineare Diophantische Gleichung
ax+by+c = 0
mit gegebenen ganzzahligen paarweise teilerfremden Coefficienten
a, b, c stets in Primzahlen x, y lösbar ist.
Aber von nicht geringerem Interesse und vielleicht von noch
größerer Tragweite erscheint mir die Aufgabe, die für die Vertei-
lung der rationalen Primzahlen gewonnenen Resultate auf die Theorie
der Verteilung der Primideale in einem gegebenen Zahlkörper k zu
übertragen — eine Aufgabe, die auf das Studium der dem Zahl-
körper zugehörigen Function
[FORMEL]
1) Vgl. P. Stäckel: Ueber Goldbach’s empirisches Theorem. Nachrichten
der K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen 1896 und Landau, ebenda 1900.
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