Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sich ihr näherten und die sie zu verscheuchen gar keine Lust bezeigte, manchen eifersüchtigen Stich ins Herz empfing. Hier begegnete er auch oft seiner Pathin, der Tante Anna, und hätte sich ihr, da sie ihn stets mit einem stillen und freundlichen Auge grüßte, gern genähert. Aber der Joseph Hirzer, der dann Wache hielt, ließ durch sein starres Anblicken deutlich erkennen, daß er sich jede Annäherung des vaterlosen Burschen verbitte. Und so blieb es auch zwischen dessen Kindern bei einem gelegentlichen Gruß, obwohl die Moidi öfters dem Bruder mit Lachen erzählte, daß die Rosina, des Hirzers jüngste Tochter, die nach der Berheirathung ihrer beiden Schwestern noch allein im Hause blieb, wieder so einen langen Blick nach ihm gethan habe und sicherlich in ihn verliebt sei. Jedesmal, wenn hiervon die Rede zwischen ihnen kam, oder eine Hochzeit das Tagesgespräch war, wurde der Jüngling doppelt nachdenklich und brach eilig ab. Ihm selbst schienen alle Mädchen eher unbequem und alle Liebesscherzreden ein Abscheu zu sein. Ob er darüber nachdachte, jemals ein eignes Hauswesen zu gründen, war nicht zu enträthseln. Aber mit einem seltsamen Ausdruck tiefer Angst sah er der Schwester ins Gesicht, sonst deren leichtsinnige Gedanken bei ihrer Zukunft verweilten und eine Trennung von ihm ihr als eine Möglichkeit erschien, die doch wohl zu verwinden wäre. Du bist ein Kind, sagte er dann. Wer darf dich heirathen? Die Männer sind alle schlecht, sich ihr näherten und die sie zu verscheuchen gar keine Lust bezeigte, manchen eifersüchtigen Stich ins Herz empfing. Hier begegnete er auch oft seiner Pathin, der Tante Anna, und hätte sich ihr, da sie ihn stets mit einem stillen und freundlichen Auge grüßte, gern genähert. Aber der Joseph Hirzer, der dann Wache hielt, ließ durch sein starres Anblicken deutlich erkennen, daß er sich jede Annäherung des vaterlosen Burschen verbitte. Und so blieb es auch zwischen dessen Kindern bei einem gelegentlichen Gruß, obwohl die Moidi öfters dem Bruder mit Lachen erzählte, daß die Rosina, des Hirzers jüngste Tochter, die nach der Berheirathung ihrer beiden Schwestern noch allein im Hause blieb, wieder so einen langen Blick nach ihm gethan habe und sicherlich in ihn verliebt sei. Jedesmal, wenn hiervon die Rede zwischen ihnen kam, oder eine Hochzeit das Tagesgespräch war, wurde der Jüngling doppelt nachdenklich und brach eilig ab. Ihm selbst schienen alle Mädchen eher unbequem und alle Liebesscherzreden ein Abscheu zu sein. Ob er darüber nachdachte, jemals ein eignes Hauswesen zu gründen, war nicht zu enträthseln. Aber mit einem seltsamen Ausdruck tiefer Angst sah er der Schwester ins Gesicht, sonst deren leichtsinnige Gedanken bei ihrer Zukunft verweilten und eine Trennung von ihm ihr als eine Möglichkeit erschien, die doch wohl zu verwinden wäre. Du bist ein Kind, sagte er dann. Wer darf dich heirathen? Die Männer sind alle schlecht, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0051"/> sich ihr näherten und die sie zu verscheuchen gar keine Lust bezeigte, manchen eifersüchtigen Stich ins Herz empfing. Hier begegnete er auch oft seiner Pathin, der Tante Anna, und hätte sich ihr, da sie ihn stets mit einem stillen und freundlichen Auge grüßte, gern genähert. Aber der Joseph Hirzer, der dann Wache hielt, ließ durch sein starres Anblicken deutlich erkennen, daß er sich jede Annäherung des vaterlosen Burschen verbitte. Und so blieb es auch zwischen dessen Kindern bei einem gelegentlichen Gruß, obwohl die Moidi öfters dem Bruder mit Lachen erzählte, daß die Rosina, des Hirzers jüngste Tochter, die nach der Berheirathung ihrer beiden Schwestern noch allein im Hause blieb, wieder so einen langen Blick nach ihm gethan habe und sicherlich in ihn verliebt sei.</p><lb/> <p>Jedesmal, wenn hiervon die Rede zwischen ihnen kam, oder eine Hochzeit das Tagesgespräch war, wurde der Jüngling doppelt nachdenklich und brach eilig ab. Ihm selbst schienen alle Mädchen eher unbequem und alle Liebesscherzreden ein Abscheu zu sein. Ob er darüber nachdachte, jemals ein eignes Hauswesen zu gründen, war nicht zu enträthseln. Aber mit einem seltsamen Ausdruck tiefer Angst sah er der Schwester ins Gesicht, sonst deren leichtsinnige Gedanken bei ihrer Zukunft verweilten und eine Trennung von ihm ihr als eine Möglichkeit erschien, die doch wohl zu verwinden wäre. Du bist ein Kind, sagte er dann. Wer darf dich heirathen? Die Männer sind alle schlecht,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0051]
sich ihr näherten und die sie zu verscheuchen gar keine Lust bezeigte, manchen eifersüchtigen Stich ins Herz empfing. Hier begegnete er auch oft seiner Pathin, der Tante Anna, und hätte sich ihr, da sie ihn stets mit einem stillen und freundlichen Auge grüßte, gern genähert. Aber der Joseph Hirzer, der dann Wache hielt, ließ durch sein starres Anblicken deutlich erkennen, daß er sich jede Annäherung des vaterlosen Burschen verbitte. Und so blieb es auch zwischen dessen Kindern bei einem gelegentlichen Gruß, obwohl die Moidi öfters dem Bruder mit Lachen erzählte, daß die Rosina, des Hirzers jüngste Tochter, die nach der Berheirathung ihrer beiden Schwestern noch allein im Hause blieb, wieder so einen langen Blick nach ihm gethan habe und sicherlich in ihn verliebt sei.
Jedesmal, wenn hiervon die Rede zwischen ihnen kam, oder eine Hochzeit das Tagesgespräch war, wurde der Jüngling doppelt nachdenklich und brach eilig ab. Ihm selbst schienen alle Mädchen eher unbequem und alle Liebesscherzreden ein Abscheu zu sein. Ob er darüber nachdachte, jemals ein eignes Hauswesen zu gründen, war nicht zu enträthseln. Aber mit einem seltsamen Ausdruck tiefer Angst sah er der Schwester ins Gesicht, sonst deren leichtsinnige Gedanken bei ihrer Zukunft verweilten und eine Trennung von ihm ihr als eine Möglichkeit erschien, die doch wohl zu verwinden wäre. Du bist ein Kind, sagte er dann. Wer darf dich heirathen? Die Männer sind alle schlecht,
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