Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.übel standen. Sein dunkles Gesicht und die schwarzen Augen verriethen das welsche Blut. Auch hatte er große Mühe, sich dem Mädchen in seinem gebrochenen Deutsch verständlich zu machen. Aber schon der Klang seiner verstümmelten und verwelschten Worte schien sie höchlich zu belustigen. Mehrmals warf er forschende Blicke in der Gegend umher. Einen Bauern, der ein Kalb mit Hülse seines Hundes nach dem nächsten Dorfe trieb, ließ er mit absichtlichem Zögern vorankommen, und jetzt, da derselbe um Die Ecke des Weges verschwunden war, rüstete er sich offenbar mit dem Mädchen etwas handgreiflicher anzubinden, als sein spähendes Auge plötzlich die drohende Gestalt des Weinhüters entdeckte, der aus einer Oeffnung des Weinganges herausgetreten war und mit erhobener Waffe, noch sprachlos hinunterwinkte. Der Welsche stand unschlüssig still. Auch das Mädchen hemmte den gleichmäßigen Schritt und sah hinauf. Guten Nachmittag, Andree! rief sie ohne jede Verlegenheit. Es ist mein Bruder, setzte sie, zu dem Soldaten gewendet, hinzu. Macht, daß Ihr fortkommt; er versteht keinen Spaß. Der Soldat schien den wohlgemeinten Rath vollkommen zu würdigen, aber durch die Entfernung seines Feindes sich einstweilen noch sicher zu fühlen. Nix Furcht, Fraila, sagte er; ihm geben Kreizer a comprar tabacco; dann still sein, gut Freund. -- Er griff in die Tasche und holte eben seine ge- übel standen. Sein dunkles Gesicht und die schwarzen Augen verriethen das welsche Blut. Auch hatte er große Mühe, sich dem Mädchen in seinem gebrochenen Deutsch verständlich zu machen. Aber schon der Klang seiner verstümmelten und verwelschten Worte schien sie höchlich zu belustigen. Mehrmals warf er forschende Blicke in der Gegend umher. Einen Bauern, der ein Kalb mit Hülse seines Hundes nach dem nächsten Dorfe trieb, ließ er mit absichtlichem Zögern vorankommen, und jetzt, da derselbe um Die Ecke des Weges verschwunden war, rüstete er sich offenbar mit dem Mädchen etwas handgreiflicher anzubinden, als sein spähendes Auge plötzlich die drohende Gestalt des Weinhüters entdeckte, der aus einer Oeffnung des Weinganges herausgetreten war und mit erhobener Waffe, noch sprachlos hinunterwinkte. Der Welsche stand unschlüssig still. Auch das Mädchen hemmte den gleichmäßigen Schritt und sah hinauf. Guten Nachmittag, Andree! rief sie ohne jede Verlegenheit. Es ist mein Bruder, setzte sie, zu dem Soldaten gewendet, hinzu. Macht, daß Ihr fortkommt; er versteht keinen Spaß. Der Soldat schien den wohlgemeinten Rath vollkommen zu würdigen, aber durch die Entfernung seines Feindes sich einstweilen noch sicher zu fühlen. Nix Furcht, Fraila, sagte er; ihm geben Kreizer a comprar tabacco; dann still sein, gut Freund. — Er griff in die Tasche und holte eben seine ge- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0019"/> übel standen. Sein dunkles Gesicht und die schwarzen Augen verriethen das welsche Blut. Auch hatte er große Mühe, sich dem Mädchen in seinem gebrochenen Deutsch verständlich zu machen. Aber schon der Klang seiner verstümmelten und verwelschten Worte schien sie höchlich zu belustigen. Mehrmals warf er forschende Blicke in der Gegend umher. Einen Bauern, der ein Kalb mit Hülse seines Hundes nach dem nächsten Dorfe trieb, ließ er mit absichtlichem Zögern vorankommen, und jetzt, da derselbe um Die Ecke des Weges verschwunden war, rüstete er sich offenbar mit dem Mädchen etwas handgreiflicher anzubinden, als sein spähendes Auge plötzlich die drohende Gestalt des Weinhüters entdeckte, der aus einer Oeffnung des Weinganges herausgetreten war und mit erhobener Waffe, noch sprachlos hinunterwinkte.</p><lb/> <p>Der Welsche stand unschlüssig still. Auch das Mädchen hemmte den gleichmäßigen Schritt und sah hinauf. Guten Nachmittag, Andree! rief sie ohne jede Verlegenheit. Es ist mein Bruder, setzte sie, zu dem Soldaten gewendet, hinzu. Macht, daß Ihr fortkommt; er versteht keinen Spaß.</p><lb/> <p>Der Soldat schien den wohlgemeinten Rath vollkommen zu würdigen, aber durch die Entfernung seines Feindes sich einstweilen noch sicher zu fühlen. Nix Furcht, Fraila, sagte er; ihm geben Kreizer a comprar tabacco; dann still sein, gut Freund. —</p><lb/> <p>Er griff in die Tasche und holte eben seine ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
übel standen. Sein dunkles Gesicht und die schwarzen Augen verriethen das welsche Blut. Auch hatte er große Mühe, sich dem Mädchen in seinem gebrochenen Deutsch verständlich zu machen. Aber schon der Klang seiner verstümmelten und verwelschten Worte schien sie höchlich zu belustigen. Mehrmals warf er forschende Blicke in der Gegend umher. Einen Bauern, der ein Kalb mit Hülse seines Hundes nach dem nächsten Dorfe trieb, ließ er mit absichtlichem Zögern vorankommen, und jetzt, da derselbe um Die Ecke des Weges verschwunden war, rüstete er sich offenbar mit dem Mädchen etwas handgreiflicher anzubinden, als sein spähendes Auge plötzlich die drohende Gestalt des Weinhüters entdeckte, der aus einer Oeffnung des Weinganges herausgetreten war und mit erhobener Waffe, noch sprachlos hinunterwinkte.
Der Welsche stand unschlüssig still. Auch das Mädchen hemmte den gleichmäßigen Schritt und sah hinauf. Guten Nachmittag, Andree! rief sie ohne jede Verlegenheit. Es ist mein Bruder, setzte sie, zu dem Soldaten gewendet, hinzu. Macht, daß Ihr fortkommt; er versteht keinen Spaß.
Der Soldat schien den wohlgemeinten Rath vollkommen zu würdigen, aber durch die Entfernung seines Feindes sich einstweilen noch sicher zu fühlen. Nix Furcht, Fraila, sagte er; ihm geben Kreizer a comprar tabacco; dann still sein, gut Freund. —
Er griff in die Tasche und holte eben seine ge-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T11:27:07Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T11:27:07Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |