Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.Zeigst du nun nicht, daß ich Recht habe? Warum Aber wir wollen nicht in Unfrieden von einander Zeigſt du nun nicht, daß ich Recht habe? Warum Aber wir wollen nicht in Unfrieden von einander <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0087" n="75"/> <p>Zeigſt du nun nicht, daß ich Recht habe? Warum<lb/> weinſt du nicht, wie andere ordentliche Frauen, und<lb/> fällſt mir um den Hals und bitteſt mich zu bleiben,<lb/> und ich ſei dein lieber Adam, dein einziger, dein<lb/> hübſcher Adam — wenn ich auch nicht hübſch bin —<lb/> und verſprichſt was du kannſt, ob du's auch nie<lb/> zu halten gedächteſt? Nun ſtehſt du da und weißt<lb/> dir nicht zu helfen. Soll ich meine Kunſt und meine<lb/> jungen Jahre darum hingeben, dich anzuſtarren?<lb/> Und wenn wir Kinder kriegen und ſie arten nach<lb/> dir, ſoll ich dann Luſt behalten, das geringſte Tanz¬<lb/> lied zu machen, wenn ſechs oder ſieben Jungen und<lb/> Mädchen alle bildſchön und alle bildſtumm um mich<lb/> herumſitzen?</p><lb/> <p>Aber wir wollen nicht in Unfrieden von einander<lb/> gehn, und darum ſage ich dir in aller Lieb' und<lb/> Freundſchaft, du kannſt mein Weib nicht länger ſein.<lb/> Ich will fort nach Paris, ſobald ich Geld aufbringen<lb/> kann. Du gehſt dann zu den Eltern zurück, oder<lb/> wenn du zu meinem alten Onkel willſt, der dich ſo<lb/> lieb hat, wirſt du auch gut aufgehoben ſein. Und<lb/> es ſoll dir an nichts fehlen, und wenn du ein Kind<lb/> bekommſt, will ich's halten als mein Kind, aber mit<lb/> dir zuſammenbleiben kann ich nicht, Marion, bei mei¬<lb/> ner Seelen Seligkeit. Ein Poet bin ich und das<lb/> will ich bleiben, und Langeweile iſt Gift für die fröh¬<lb/> liche Kunſt. Nun geh' ich zum Onkel. Und ſei hübſch<lb/> vernünftig und laß uns in Freundſchaft ſcheiden.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [75/0087]
Zeigſt du nun nicht, daß ich Recht habe? Warum
weinſt du nicht, wie andere ordentliche Frauen, und
fällſt mir um den Hals und bitteſt mich zu bleiben,
und ich ſei dein lieber Adam, dein einziger, dein
hübſcher Adam — wenn ich auch nicht hübſch bin —
und verſprichſt was du kannſt, ob du's auch nie
zu halten gedächteſt? Nun ſtehſt du da und weißt
dir nicht zu helfen. Soll ich meine Kunſt und meine
jungen Jahre darum hingeben, dich anzuſtarren?
Und wenn wir Kinder kriegen und ſie arten nach
dir, ſoll ich dann Luſt behalten, das geringſte Tanz¬
lied zu machen, wenn ſechs oder ſieben Jungen und
Mädchen alle bildſchön und alle bildſtumm um mich
herumſitzen?
Aber wir wollen nicht in Unfrieden von einander
gehn, und darum ſage ich dir in aller Lieb' und
Freundſchaft, du kannſt mein Weib nicht länger ſein.
Ich will fort nach Paris, ſobald ich Geld aufbringen
kann. Du gehſt dann zu den Eltern zurück, oder
wenn du zu meinem alten Onkel willſt, der dich ſo
lieb hat, wirſt du auch gut aufgehoben ſein. Und
es ſoll dir an nichts fehlen, und wenn du ein Kind
bekommſt, will ich's halten als mein Kind, aber mit
dir zuſammenbleiben kann ich nicht, Marion, bei mei¬
ner Seelen Seligkeit. Ein Poet bin ich und das
will ich bleiben, und Langeweile iſt Gift für die fröh¬
liche Kunſt. Nun geh' ich zum Onkel. Und ſei hübſch
vernünftig und laß uns in Freundſchaft ſcheiden.
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