Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.ging, und trat sein Amt nicht ab, so viel sich die Sie nahm ihm Alles freundlich ab und schien Am zweiten Tage der Reise sollte in einem ein¬ ging, und trat ſein Amt nicht ab, ſo viel ſich die Sie nahm ihm Alles freundlich ab und ſchien Am zweiten Tage der Reiſe ſollte in einem ein¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0040" n="28"/> ging, und trat ſein Amt nicht ab, ſo viel ſich die<lb/> Eltern dazu anboten. Nur wenn ſie eine Höhe er¬<lb/> reicht hatten und auf einer ſchattigen Stelle raſteten,<lb/> beurlaubte er ſich von dem Mädchen und ſuchte ſich<lb/> durch die gefährlichſten Klippen eigene Wege, ſeltne<lb/> Steine ſammelnd, oder Blumen, die in der Tiefe<lb/> nicht wuchſen. Kam er dann zu den Ruhenden zu¬<lb/> rück, ſo hatte er immer etwas für Marlenen, Bee¬<lb/> ren oder eine ſtark duftende Blume, oder das weiche<lb/> Neſt eines Vogels, das der Wind vom Baum ge¬<lb/> weht hatte.</p><lb/> <p>Sie nahm ihm Alles freundlich ab und ſchien<lb/> vergnügter zu ſein, als daheim. Und ſie war es<lb/> auch, weil ſie doch den Tag über Eine Luft mit ihm<lb/> athmete. Daneben aber begleitete ſie ihre thörichte<lb/> Eiferſucht, und ſie zürnte dem Gebirge, deſſen herbſt¬<lb/> liche Pracht, wie ſie wähnte, ihm die Welt nur lieber<lb/> machte und ihn ihr ſelbſt nur mehr entfremdete. Der<lb/> Pfarrerin fiel ihr ſeltſames Weſen auf. Sie ſprach<lb/> mit ihrem Manne dann und wann über das Kind,<lb/> das ihnen Beiden wie das eigene lieb war. Und Beide<lb/> gaben die Schuld ihres hartnäckigen Trübſinns der<lb/> getäuſchten Hoffnung. Und doch entbehrte das Mäd¬<lb/> chen nichts, was ihr verheißen und ihrer Hoffnung<lb/> vorgeſpiegelt worden war, ſondern nur was ſie ge¬<lb/> kannt und beſeſſen hatte.</p><lb/> <p>Am zweiten Tage der Reiſe ſollte in einem ein¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0040]
ging, und trat ſein Amt nicht ab, ſo viel ſich die
Eltern dazu anboten. Nur wenn ſie eine Höhe er¬
reicht hatten und auf einer ſchattigen Stelle raſteten,
beurlaubte er ſich von dem Mädchen und ſuchte ſich
durch die gefährlichſten Klippen eigene Wege, ſeltne
Steine ſammelnd, oder Blumen, die in der Tiefe
nicht wuchſen. Kam er dann zu den Ruhenden zu¬
rück, ſo hatte er immer etwas für Marlenen, Bee¬
ren oder eine ſtark duftende Blume, oder das weiche
Neſt eines Vogels, das der Wind vom Baum ge¬
weht hatte.
Sie nahm ihm Alles freundlich ab und ſchien
vergnügter zu ſein, als daheim. Und ſie war es
auch, weil ſie doch den Tag über Eine Luft mit ihm
athmete. Daneben aber begleitete ſie ihre thörichte
Eiferſucht, und ſie zürnte dem Gebirge, deſſen herbſt¬
liche Pracht, wie ſie wähnte, ihm die Welt nur lieber
machte und ihn ihr ſelbſt nur mehr entfremdete. Der
Pfarrerin fiel ihr ſeltſames Weſen auf. Sie ſprach
mit ihrem Manne dann und wann über das Kind,
das ihnen Beiden wie das eigene lieb war. Und Beide
gaben die Schuld ihres hartnäckigen Trübſinns der
getäuſchten Hoffnung. Und doch entbehrte das Mäd¬
chen nichts, was ihr verheißen und ihrer Hoffnung
vorgeſpiegelt worden war, ſondern nur was ſie ge¬
kannt und beſeſſen hatte.
Am zweiten Tage der Reiſe ſollte in einem ein¬
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