Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.hauses. Die kleinen Mädchen vom Dorfe sind's mit Sie fiel bald wieder in ihren fieberhaften Halb¬ Aber Ruhe und Geduld einem anzusinnen, dem hauſes. Die kleinen Mädchen vom Dorfe ſind's mit Sie fiel bald wieder in ihren fieberhaften Halb¬ Aber Ruhe und Geduld einem anzuſinnen, dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0025" n="13"/> hauſes. Die kleinen Mädchen vom Dorfe ſind's mit<lb/> einem Kranz für Marlene von ihren beſten Garten¬<lb/> blumen und einem Strauß für Clemens. Als man<lb/> ihn dem Knaben bringt, verklärt ſich ſein Geſicht.<lb/> Der Duft und der kühle Thau erfriſchen ihn. Er<lb/> bittet: „Sagt ihnen viel ſchönen Dank. Sie ſind<lb/> gute Mädchen. Jetzt bin ich noch krank. Aber wenn<lb/> ich erſt ſehen darf, ſteh' ich ihnen bei gegen die Bu¬<lb/> ben.“ — Marlene, da man ihr den Kranz aufs Bett<lb/> legte, ſchob ihn mit den blaſſen Händchen ſanft zurück<lb/> und ſagte: „Ich kann nicht! Mir ſchwindelt, Mutter,<lb/> wenn mir die Blumen nahe ſind. Bring' ihn dem<lb/> Clemens auch!“</p><lb/> <p>Sie fiel bald wieder in ihren fieberhaften Halb¬<lb/> ſchlaf. Erſt die geſunde Nähe des Tages beruhigte<lb/> ſie, und der Arzt, der in aller Frühe kam, fand ſie<lb/> außer Gefahr, wie er kaum gehofft hatte. Lange ſaß<lb/> er dann am Bett des Knaben, hörte lächelnd die<lb/> ſeltſamen Fragen an, ermahnte ihn freundlich zu Ge¬<lb/> duld und Ruhe und ging mit der beſten Zuverſicht.</p><lb/> <p>Aber Ruhe und Geduld einem anzuſinnen, dem<lb/> ein vielgelobtes Land endlich einen Augenblick aus<lb/> der Ferne gezeigt worden! Der Vater muß, ſo oft<lb/> ſein Amt ihm die Zeit läßt, in die Kammer hinauf<lb/> und erzählen. Die Thür darf dann nicht geſchloſſen<lb/> werden, daß auch Marlene die ſchönen Geſchichten<lb/> hören kann, Legenden von frommen Männern und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0025]
hauſes. Die kleinen Mädchen vom Dorfe ſind's mit
einem Kranz für Marlene von ihren beſten Garten¬
blumen und einem Strauß für Clemens. Als man
ihn dem Knaben bringt, verklärt ſich ſein Geſicht.
Der Duft und der kühle Thau erfriſchen ihn. Er
bittet: „Sagt ihnen viel ſchönen Dank. Sie ſind
gute Mädchen. Jetzt bin ich noch krank. Aber wenn
ich erſt ſehen darf, ſteh' ich ihnen bei gegen die Bu¬
ben.“ — Marlene, da man ihr den Kranz aufs Bett
legte, ſchob ihn mit den blaſſen Händchen ſanft zurück
und ſagte: „Ich kann nicht! Mir ſchwindelt, Mutter,
wenn mir die Blumen nahe ſind. Bring' ihn dem
Clemens auch!“
Sie fiel bald wieder in ihren fieberhaften Halb¬
ſchlaf. Erſt die geſunde Nähe des Tages beruhigte
ſie, und der Arzt, der in aller Frühe kam, fand ſie
außer Gefahr, wie er kaum gehofft hatte. Lange ſaß
er dann am Bett des Knaben, hörte lächelnd die
ſeltſamen Fragen an, ermahnte ihn freundlich zu Ge¬
duld und Ruhe und ging mit der beſten Zuverſicht.
Aber Ruhe und Geduld einem anzuſinnen, dem
ein vielgelobtes Land endlich einen Augenblick aus
der Ferne gezeigt worden! Der Vater muß, ſo oft
ſein Amt ihm die Zeit läßt, in die Kammer hinauf
und erzählen. Die Thür darf dann nicht geſchloſſen
werden, daß auch Marlene die ſchönen Geſchichten
hören kann, Legenden von frommen Männern und
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