Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.solle die Thür öffnen, daß er hören könne, ob sie So lagen sie stundenlang. Im Dorf draußen Erst die Heerdenglocken weckten die beiden Kinder. Spät, als der Mond schon aus dem Walde stieg, ſolle die Thür öffnen, daß er hören könne, ob ſie So lagen ſie ſtundenlang. Im Dorf draußen Erſt die Heerdenglocken weckten die beiden Kinder. Spät, als der Mond ſchon aus dem Walde ſtieg, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0024" n="12"/> ſolle die Thür öffnen, daß er hören könne, ob ſie<lb/> ſchlafe und nicht etwa ſtöhne vor Schmerz. Die<lb/> Mutter thut ihm den Willen. Nun liegt er unbe¬<lb/> weglich und lauſcht, und das Athmen ſeiner ſchlafen¬<lb/> den kleinen Freundin, das ruhig aus- und eingeht,<lb/> ſingt ihn endlich auch in den Schlaf.</p><lb/> <p>So lagen ſie ſtundenlang. Im Dorf draußen<lb/> ging es ſtiller zu als ſonſt. Wer mit einem Fuhr¬<lb/> werk der Pfarre vorbei mußte, hütete ſich vor allem<lb/> Lärm. Auch die Schulkinder, denen es der Lehrer<lb/> geſagt haben mochte, tobten nicht wie ſonſt aus dem<lb/> Unterricht nach Haus, ſondern gingen, das Haus<lb/> ſcheu und flüſternd anblickend, paarweiſe entfernten<lb/> Spielplätzen zu. Nur der Geſang der Vögel ſchwieg<lb/> nicht in den Zweigen; aber wann hätte ſein Klang<lb/> ein ruhbedürftiges Menſchenkind geſtört oder ver¬<lb/> droſſen?</p><lb/> <p>Erſt die Heerdenglocken weckten die beiden Kinder.<lb/> Des Knaben erſte Frage war, ob Marlene ſchon nach<lb/> ihm gerufen habe. Er fragte ſie dann halblaut, wie<lb/> ſie ſich fühle. — Der dumpfe Schlaf hat ihr kaum<lb/> wohlgethan und die Augen brennen ihr unter der<lb/> leichten Binde. Aber ſie zwingt ſich, ſagt, es ſei<lb/> ihr beſſer, und plaudert heiter mit Clemens, dem die<lb/> abenteuerlichſten Gedanken über die Lippen gehen.</p><lb/> <p>Spät, als der Mond ſchon aus dem Walde ſtieg,<lb/> klopft zaghafte Kinderhand an die Thür des Pfarr¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0024]
ſolle die Thür öffnen, daß er hören könne, ob ſie
ſchlafe und nicht etwa ſtöhne vor Schmerz. Die
Mutter thut ihm den Willen. Nun liegt er unbe¬
weglich und lauſcht, und das Athmen ſeiner ſchlafen¬
den kleinen Freundin, das ruhig aus- und eingeht,
ſingt ihn endlich auch in den Schlaf.
So lagen ſie ſtundenlang. Im Dorf draußen
ging es ſtiller zu als ſonſt. Wer mit einem Fuhr¬
werk der Pfarre vorbei mußte, hütete ſich vor allem
Lärm. Auch die Schulkinder, denen es der Lehrer
geſagt haben mochte, tobten nicht wie ſonſt aus dem
Unterricht nach Haus, ſondern gingen, das Haus
ſcheu und flüſternd anblickend, paarweiſe entfernten
Spielplätzen zu. Nur der Geſang der Vögel ſchwieg
nicht in den Zweigen; aber wann hätte ſein Klang
ein ruhbedürftiges Menſchenkind geſtört oder ver¬
droſſen?
Erſt die Heerdenglocken weckten die beiden Kinder.
Des Knaben erſte Frage war, ob Marlene ſchon nach
ihm gerufen habe. Er fragte ſie dann halblaut, wie
ſie ſich fühle. — Der dumpfe Schlaf hat ihr kaum
wohlgethan und die Augen brennen ihr unter der
leichten Binde. Aber ſie zwingt ſich, ſagt, es ſei
ihr beſſer, und plaudert heiter mit Clemens, dem die
abenteuerlichſten Gedanken über die Lippen gehen.
Spät, als der Mond ſchon aus dem Walde ſtieg,
klopft zaghafte Kinderhand an die Thür des Pfarr¬
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