Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.Theodor, was das natürliche Gefühl eines Weibes Und Sie sind in Rom und sehen täglich die Wun¬ Ich fechte seinen Willen nicht an. Aber gerade Theodor trat auf Marien zu, die auf einen Stick¬ Nein, sagte sie leise, aber ich gebe der Mutter Er verstand nur halb ihre Worte; aber er ver¬ Theodor, was das natürliche Gefühl eines Weibes Und Sie ſind in Rom und ſehen täglich die Wun¬ Ich fechte ſeinen Willen nicht an. Aber gerade Theodor trat auf Marien zu, die auf einen Stick¬ Nein, ſagte ſie leiſe, aber ich gebe der Mutter Er verſtand nur halb ihre Worte; aber er ver¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0218" n="206"/> Theodor, was das natürliche Gefühl eines Weibes<lb/> und einer Chriſtin iſt.</p><lb/> <p>Und Sie ſind in Rom und ſehen täglich die Wun¬<lb/> der vergangner Geſchlechter und haben Freude am<lb/> Thun der tauſend verſchiednen Geiſter, die auch von<lb/><hi rendition="#g">Ihnen</hi> verſchieden ſind, und wollen ſich hier ver¬<lb/> ſchließen und abwenden? hier wo ein edler Menſch<lb/> Ihnen zu Liebe aus ſeinem Tiefſten hergegeben, was<lb/> er nur hatte?</p><lb/> <p>Ich fechte ſeinen Willen nicht an. Aber gerade<lb/> weil es mich zunächſt mit betrifft, mir zu Liebe ge¬<lb/> ſchehen ſoll, bin ich empfindlicher gegen das, <hi rendition="#g">was</hi><lb/> geboten wird. Denn der beſte Willen kann uns be¬<lb/> leidigen, wenn er keine Rückſicht auf uns nimmt.</p><lb/> <p>Theodor trat auf Marien zu, die auf einen Stick¬<lb/> rahmen gebeugt ſtill dageſeſſen. Marie, ſagte er, hat<lb/> dich Bianchi's Werk auch beleidigt?</p><lb/> <p>Nein, ſagte ſie leiſe, aber ich gebe der Mutter<lb/> Recht. Man kann nichts lieben, was fremd iſt; ich<lb/> nicht; ein Mann vielleicht.</p><lb/> <p>Er verſtand nur halb ihre Worte; aber er ver¬<lb/> ſtand, daß ſie ſich von ihm gewendet. Ein unſäg¬<lb/> liches Wehgefühl ergriff ihn. Es war nicht Trotz,<lb/> nicht kleine Verbitterung, daß er ſich ſtumm verneigte<lb/> und ging. Er fühlte, daß er ſich ſammeln, ſeine be¬<lb/> täubten Geiſter aufrichten müſſe. Er hätte irre ge¬<lb/> redet, wenn er geblieben wäre.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [206/0218]
Theodor, was das natürliche Gefühl eines Weibes
und einer Chriſtin iſt.
Und Sie ſind in Rom und ſehen täglich die Wun¬
der vergangner Geſchlechter und haben Freude am
Thun der tauſend verſchiednen Geiſter, die auch von
Ihnen verſchieden ſind, und wollen ſich hier ver¬
ſchließen und abwenden? hier wo ein edler Menſch
Ihnen zu Liebe aus ſeinem Tiefſten hergegeben, was
er nur hatte?
Ich fechte ſeinen Willen nicht an. Aber gerade
weil es mich zunächſt mit betrifft, mir zu Liebe ge¬
ſchehen ſoll, bin ich empfindlicher gegen das, was
geboten wird. Denn der beſte Willen kann uns be¬
leidigen, wenn er keine Rückſicht auf uns nimmt.
Theodor trat auf Marien zu, die auf einen Stick¬
rahmen gebeugt ſtill dageſeſſen. Marie, ſagte er, hat
dich Bianchi's Werk auch beleidigt?
Nein, ſagte ſie leiſe, aber ich gebe der Mutter
Recht. Man kann nichts lieben, was fremd iſt; ich
nicht; ein Mann vielleicht.
Er verſtand nur halb ihre Worte; aber er ver¬
ſtand, daß ſie ſich von ihm gewendet. Ein unſäg¬
liches Wehgefühl ergriff ihn. Es war nicht Trotz,
nicht kleine Verbitterung, daß er ſich ſtumm verneigte
und ging. Er fühlte, daß er ſich ſammeln, ſeine be¬
täubten Geiſter aufrichten müſſe. Er hätte irre ge¬
redet, wenn er geblieben wäre.
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