Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.weit, so gerath' ich in einen Schwall geputzter Men¬ weit, ſo gerath' ich in einen Schwall geputzter Men¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0199" n="187"/> weit, ſo gerath' ich in einen Schwall geputzter Men¬<lb/> ſchen, die es eilig haben und frage einen: wohin?<lb/> Auf Monte Pincio, heißt es, das Wettrennen und<lb/> die Wagen zu ſehn. Ich hatte keinen eignen Weg<lb/> und laſſe mich treiben und gelange gedankenlos mit<lb/> auf die Höhe. Ihr habt die Gerüſte geſehn, die ſie<lb/> geſtern noch zimmerten. Heut die weiten Schranken<lb/> Kopf an Kopf gefüllt, daß ich Mühe hatte, einen<lb/> Platz zu finden, und unbequem genug, wie ich im er¬<lb/> ſten Moment dachte, denn die Sonne ſtand mir ge¬<lb/> genüber, daß mir's, über die Bahn blickend, vor den<lb/> Augen flimmerte. Wie ich nun bedenke, ob ich gehen<lb/> oder wie mich ſchützen ſoll, und ſtehe noch an meinem<lb/> Platz, ſeh' ich nach unten und entdecke einen ſeidenen<lb/> Sonnenſchirm und ein bezauberndes Stück Hinter¬<lb/> haupt und Nacken darunter. Im Nu ſaß ich, und<lb/> unter den Schirm mich bückend frag' ich meine Nach¬<lb/> barin, die ſich abgewendet hatte, ob ich die Wohlthat<lb/> ihres Schirmes mitgenießen darf. Sie wendet ſich,<lb/> und es war als zuckte mir der Blitz mitten durchs<lb/> Herz, da ich ſie erkannte. Sie ſchien mich auch wie¬<lb/> derzukennen und blieb mir die Antwort ſchuldig. In¬<lb/> deß kam nun auch die Alte neben ihr zum Vorſchein,<lb/> war geſprächig und höflich und befahl Caterinen, den<lb/> Schatten mit mir zu theilen. Bianchi, wie ſie das<lb/> that, den Schirm in der kleinen Hand regierend, halb<lb/> verlegen, halb zutraulich, und dann auf meine zudring¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [187/0199]
weit, ſo gerath' ich in einen Schwall geputzter Men¬
ſchen, die es eilig haben und frage einen: wohin?
Auf Monte Pincio, heißt es, das Wettrennen und
die Wagen zu ſehn. Ich hatte keinen eignen Weg
und laſſe mich treiben und gelange gedankenlos mit
auf die Höhe. Ihr habt die Gerüſte geſehn, die ſie
geſtern noch zimmerten. Heut die weiten Schranken
Kopf an Kopf gefüllt, daß ich Mühe hatte, einen
Platz zu finden, und unbequem genug, wie ich im er¬
ſten Moment dachte, denn die Sonne ſtand mir ge¬
genüber, daß mir's, über die Bahn blickend, vor den
Augen flimmerte. Wie ich nun bedenke, ob ich gehen
oder wie mich ſchützen ſoll, und ſtehe noch an meinem
Platz, ſeh' ich nach unten und entdecke einen ſeidenen
Sonnenſchirm und ein bezauberndes Stück Hinter¬
haupt und Nacken darunter. Im Nu ſaß ich, und
unter den Schirm mich bückend frag' ich meine Nach¬
barin, die ſich abgewendet hatte, ob ich die Wohlthat
ihres Schirmes mitgenießen darf. Sie wendet ſich,
und es war als zuckte mir der Blitz mitten durchs
Herz, da ich ſie erkannte. Sie ſchien mich auch wie¬
derzukennen und blieb mir die Antwort ſchuldig. In¬
deß kam nun auch die Alte neben ihr zum Vorſchein,
war geſprächig und höflich und befahl Caterinen, den
Schatten mit mir zu theilen. Bianchi, wie ſie das
that, den Schirm in der kleinen Hand regierend, halb
verlegen, halb zutraulich, und dann auf meine zudring¬
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