mag's heute sehen, sagte er für sich, wenn er's wirk¬ lich ist, der so unbändig lärmt. -- Damit ging er zu öffnen.
Der junge Mann trat ungestüm ein, sein Gesicht war lebhaft geröthet, seine Augen strahlten. Bianchi, rief er, Bianchi, ich komme von ihr, ich habe sie gesehen, gesprochen, das Wunder ist mir wieder bis ins Mark gedrungen. Und Ihr, Lieber, Böser, sagtet Ihr nicht damals, sie sei fort, ins Gebirge zurück, der Alten entflohen und wie das Märchen weiter lau¬ tete! Oder ward es Euch wirklich erzählt? Denn sie ist hier, keinen Fußbreit aus Rom hinausgekommen die zwei Monate lang. Redet, Bianchi; was sagt Ihr? Preiset mein Schicksal, das mich ihr an die Seite führte, wodurch ich noch wie von Sinnen bin!
Er stürmte das Gemach hin und her, ohne um¬ zublicken. Er sah nicht, daß Bianchi todtenblaß in der Thür stehn geblieben war und seinen Irrgängen mit durchdringendem Blick folgte. Caterina? brach es endlich von seinen Lippen.
Caterina! rief Theodor; sie selbst, sie selbst, schön und still und Himmel und Hölle in den Augen, wie an jenem ersten unvergeßlichen Abend, nur nicht jene bitterliche Schwermuth um die Lippen, und in rö¬ mischen Kleidern. Denkt, wie es kam. Ich sitze zu Haus in der Schwüle unlustig über den Büchern und es treibt mich endlich hinaus. Einige Gassen
mag's heute ſehen, ſagte er für ſich, wenn er's wirk¬ lich iſt, der ſo unbändig lärmt. — Damit ging er zu öffnen.
Der junge Mann trat ungeſtüm ein, ſein Geſicht war lebhaft geröthet, ſeine Augen ſtrahlten. Bianchi, rief er, Bianchi, ich komme von ihr, ich habe ſie geſehen, geſprochen, das Wunder iſt mir wieder bis ins Mark gedrungen. Und Ihr, Lieber, Böſer, ſagtet Ihr nicht damals, ſie ſei fort, ins Gebirge zurück, der Alten entflohen und wie das Märchen weiter lau¬ tete! Oder ward es Euch wirklich erzählt? Denn ſie iſt hier, keinen Fußbreit aus Rom hinausgekommen die zwei Monate lang. Redet, Bianchi; was ſagt Ihr? Preiſet mein Schickſal, das mich ihr an die Seite führte, wodurch ich noch wie von Sinnen bin!
Er ſtürmte das Gemach hin und her, ohne um¬ zublicken. Er ſah nicht, daß Bianchi todtenblaß in der Thür ſtehn geblieben war und ſeinen Irrgängen mit durchdringendem Blick folgte. Caterina? brach es endlich von ſeinen Lippen.
Caterina! rief Theodor; ſie ſelbſt, ſie ſelbſt, ſchön und ſtill und Himmel und Hölle in den Augen, wie an jenem erſten unvergeßlichen Abend, nur nicht jene bitterliche Schwermuth um die Lippen, und in rö¬ miſchen Kleidern. Denkt, wie es kam. Ich ſitze zu Haus in der Schwüle unluſtig über den Büchern und es treibt mich endlich hinaus. Einige Gaſſen
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mag's heute ſehen, ſagte er für ſich, wenn er's wirk¬
lich iſt, der ſo unbändig lärmt. — Damit ging er zu
öffnen.
Der junge Mann trat ungeſtüm ein, ſein Geſicht
war lebhaft geröthet, ſeine Augen ſtrahlten. Bianchi,
rief er, Bianchi, ich komme von ihr, ich habe ſie
geſehen, geſprochen, das Wunder iſt mir wieder bis
ins Mark gedrungen. Und Ihr, Lieber, Böſer, ſagtet
Ihr nicht damals, ſie ſei fort, ins Gebirge zurück,
der Alten entflohen und wie das Märchen weiter lau¬
tete! Oder ward es Euch wirklich erzählt? Denn ſie
iſt hier, keinen Fußbreit aus Rom hinausgekommen
die zwei Monate lang. Redet, Bianchi; was ſagt
Ihr? Preiſet mein Schickſal, das mich ihr an die
Seite führte, wodurch ich noch wie von Sinnen bin!
Er ſtürmte das Gemach hin und her, ohne um¬
zublicken. Er ſah nicht, daß Bianchi todtenblaß in
der Thür ſtehn geblieben war und ſeinen Irrgängen
mit durchdringendem Blick folgte. Caterina? brach
es endlich von ſeinen Lippen.
Caterina! rief Theodor; ſie ſelbſt, ſie ſelbſt, ſchön
und ſtill und Himmel und Hölle in den Augen, wie
an jenem erſten unvergeßlichen Abend, nur nicht jene
bitterliche Schwermuth um die Lippen, und in rö¬
miſchen Kleidern. Denkt, wie es kam. Ich ſitze zu
Haus in der Schwüle unluſtig über den Büchern
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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/198>, abgerufen am 25.07.2024.
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