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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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Haare noch nicht zu Schlangen belebt, wirr um die
schmerzlichen Schläfen herabgeringelt -- er entsann
sich nicht, diese Züge an einer Antike gesehn zu haben.
Abgüsse über dem Leben, Arme, Füße, die Brust
eines jungen Mädchens, dazwischen flüchtige Skizzen
in Thon standen und lagen wüst durch einander. Auf
dem Tisch aber sah er mannigfaches Geräth, wie es
ein Cameenschneider braucht, und einige Stöcke mit
halbvollendeten Arbeiten, zum größten Theil Medu¬
senköpfe, die jenem großen Relief glichen, aber von
verschiedenem Grad und Charakter der Leidenschaft
und Hoheit. Unbearbeitete Muschel-Stücke, Abdrücke
geschnittner Steine und Pasten in Glas und Gips
lagen in einem Kästchen daneben.

Ich denke, es hat keine Gefahr, sagte nun der
Arzt. Laßt Eis holen und den Burschen die Nacht
aufsitzen, den Verband unablässig zu kühlen. Sie
haben Euch arg mitgespielt, Sor Carlo. Aber wer
Teufel heißt Euch auch um diese Jahres- und Tages¬
zeit in die Campagne rennen?

Diese eigensinnigen Schufte, die Kamine, sagte
der Künstler; sie wollen ihre Schuldigkeit nicht thun,
ohne daß man ihnen Scheiter in den Hals stopft.
Ich hatte was gegen meinen guten alten Palazzo,
Sor Dottore; ich hätt' ihm am liebsten einen Tritt
gegeben, uns Beide zu erwärmen. Nun, da lief ich
ihm davon, damit es nicht zu Thätlichkeiten zwischen
uns komme.

Haare noch nicht zu Schlangen belebt, wirr um die
ſchmerzlichen Schläfen herabgeringelt — er entſann
ſich nicht, dieſe Züge an einer Antike geſehn zu haben.
Abgüſſe über dem Leben, Arme, Füße, die Bruſt
eines jungen Mädchens, dazwiſchen flüchtige Skizzen
in Thon ſtanden und lagen wüſt durch einander. Auf
dem Tiſch aber ſah er mannigfaches Geräth, wie es
ein Cameenſchneider braucht, und einige Stöcke mit
halbvollendeten Arbeiten, zum größten Theil Medu¬
ſenköpfe, die jenem großen Relief glichen, aber von
verſchiedenem Grad und Charakter der Leidenſchaft
und Hoheit. Unbearbeitete Muſchel-Stücke, Abdrücke
geſchnittner Steine und Paſten in Glas und Gips
lagen in einem Käſtchen daneben.

Ich denke, es hat keine Gefahr, ſagte nun der
Arzt. Laßt Eis holen und den Burſchen die Nacht
aufſitzen, den Verband unabläſſig zu kühlen. Sie
haben Euch arg mitgeſpielt, Sor Carlo. Aber wer
Teufel heißt Euch auch um dieſe Jahres- und Tages¬
zeit in die Campagne rennen?

Dieſe eigenſinnigen Schufte, die Kamine, ſagte
der Künſtler; ſie wollen ihre Schuldigkeit nicht thun,
ohne daß man ihnen Scheiter in den Hals ſtopft.
Ich hatte was gegen meinen guten alten Palazzo,
Sor Dottore; ich hätt' ihm am liebſten einen Tritt
gegeben, uns Beide zu erwärmen. Nun, da lief ich
ihm davon, damit es nicht zu Thätlichkeiten zwiſchen
uns komme.

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[136/0148] Haare noch nicht zu Schlangen belebt, wirr um die ſchmerzlichen Schläfen herabgeringelt — er entſann ſich nicht, dieſe Züge an einer Antike geſehn zu haben. Abgüſſe über dem Leben, Arme, Füße, die Bruſt eines jungen Mädchens, dazwiſchen flüchtige Skizzen in Thon ſtanden und lagen wüſt durch einander. Auf dem Tiſch aber ſah er mannigfaches Geräth, wie es ein Cameenſchneider braucht, und einige Stöcke mit halbvollendeten Arbeiten, zum größten Theil Medu¬ ſenköpfe, die jenem großen Relief glichen, aber von verſchiedenem Grad und Charakter der Leidenſchaft und Hoheit. Unbearbeitete Muſchel-Stücke, Abdrücke geſchnittner Steine und Paſten in Glas und Gips lagen in einem Käſtchen daneben. Ich denke, es hat keine Gefahr, ſagte nun der Arzt. Laßt Eis holen und den Burſchen die Nacht aufſitzen, den Verband unabläſſig zu kühlen. Sie haben Euch arg mitgeſpielt, Sor Carlo. Aber wer Teufel heißt Euch auch um dieſe Jahres- und Tages¬ zeit in die Campagne rennen? Dieſe eigenſinnigen Schufte, die Kamine, ſagte der Künſtler; ſie wollen ihre Schuldigkeit nicht thun, ohne daß man ihnen Scheiter in den Hals ſtopft. Ich hatte was gegen meinen guten alten Palazzo, Sor Dottore; ich hätt' ihm am liebſten einen Tritt gegeben, uns Beide zu erwärmen. Nun, da lief ich ihm davon, damit es nicht zu Thätlichkeiten zwiſchen uns komme.

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/148>, abgerufen am 18.12.2024.