Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.hier der Ort nicht sei, sich in Gedanken zu verlieren. Und nun saßen sie im Kahn wie die bittersten hier der Ort nicht ſei, ſich in Gedanken zu verlieren. Und nun ſaßen ſie im Kahn wie die bitterſten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0122" n="110"/> hier der Ort nicht ſei, ſich in Gedanken zu verlieren.<lb/> Er ſah um, als erwarte er eine Entſchuldigung. Der<lb/> junge Schiffer, der den Wurf gethan hatte, ſtand<lb/> ſchweigend und trotzig inmitten ſeiner Freunde, daß<lb/> der Fremde es gerathen fand, einen Wortwechſel zu<lb/> vermeiden und zu gehen. Doch hatte man von dem<lb/> Handel geſprochen, und ſprach von neuem davon,<lb/> als der Maler ſich offen um Laurella bewarb. Ich<lb/> kenne ihn nicht, ſagte dieſe unwillig, als der Maler<lb/> ſie fragte, ob ſie ihn jenes unhöflichen Burſchen we¬<lb/> gen ausſchlüge. Und doch war auch ihr jenes Gerede<lb/> zu Ohren gekommen. Seitdem, wenn ihr Antonino<lb/> begegnete, hatte ſie ihn doch wohl wiedererkannt.</p><lb/> <p>Und nun ſaßen ſie im Kahn wie die bitterſten<lb/> Feinde, und beiden klopfte das Herz tödtlich. Das<lb/> ſonſt gutmüthige Geſicht Antonino's war heftig ge¬<lb/> röthet; er ſchlug in die Wellen, daß der Schaum<lb/> ihn überſpritzte, und ſeine Lippen zitterten zuweilen,<lb/> als ſpräche er böſe Worte. Sie that, als bemerke ſie<lb/> es nicht, und machte ihr unbefangenſtes Geſicht, neigte<lb/> ſich über den Bord des Nachens und ließ die Flut<lb/> durch ihre Finger gleiten. Dann band ſie ihr Tuch<lb/> wieder ab und ordnete ihr Haar, als ſei ſie ganz<lb/> allein im Kahn. Nur die Augenbrauen zuckten noch,<lb/> und umſonſt hielt ſie die naſſen Hände gegen ihre<lb/> brennenden Wangen, um ſie zu kühlen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [110/0122]
hier der Ort nicht ſei, ſich in Gedanken zu verlieren.
Er ſah um, als erwarte er eine Entſchuldigung. Der
junge Schiffer, der den Wurf gethan hatte, ſtand
ſchweigend und trotzig inmitten ſeiner Freunde, daß
der Fremde es gerathen fand, einen Wortwechſel zu
vermeiden und zu gehen. Doch hatte man von dem
Handel geſprochen, und ſprach von neuem davon,
als der Maler ſich offen um Laurella bewarb. Ich
kenne ihn nicht, ſagte dieſe unwillig, als der Maler
ſie fragte, ob ſie ihn jenes unhöflichen Burſchen we¬
gen ausſchlüge. Und doch war auch ihr jenes Gerede
zu Ohren gekommen. Seitdem, wenn ihr Antonino
begegnete, hatte ſie ihn doch wohl wiedererkannt.
Und nun ſaßen ſie im Kahn wie die bitterſten
Feinde, und beiden klopfte das Herz tödtlich. Das
ſonſt gutmüthige Geſicht Antonino's war heftig ge¬
röthet; er ſchlug in die Wellen, daß der Schaum
ihn überſpritzte, und ſeine Lippen zitterten zuweilen,
als ſpräche er böſe Worte. Sie that, als bemerke ſie
es nicht, und machte ihr unbefangenſtes Geſicht, neigte
ſich über den Bord des Nachens und ließ die Flut
durch ihre Finger gleiten. Dann band ſie ihr Tuch
wieder ab und ordnete ihr Haar, als ſei ſie ganz
allein im Kahn. Nur die Augenbrauen zuckten noch,
und umſonſt hielt ſie die naſſen Hände gegen ihre
brennenden Wangen, um ſie zu kühlen.
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