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Heymann, Lida Gustava: Frauenstimmrecht und Völkerverständigung. Leipzig, 1919 (= Nach dem Weltkrieg. Schriften zur Neuorientierung der auswärtigen Politik, Bd. 9).

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So wird ein Altersklasse nach der andern einberufen; unsere
Kinder werden großgezogen für den Tod.

Das Unglück des Krieges ist in allen kriegführenden Ländern das-
selbe. Die Gleichheit der Schmerzen, der Trauer, die Schrecken des
Todes haben in jedem Lande eine große Gemeinsamkeit geschaffen, und
überall scharen sich Männer und Frauen um ihr Vaterland, das leidet,
vereint in der Liebe, und vor allen Dingen vereint im Haß! Und dieser
Haß ist so leicht zu entflammen in der Bevölkerung.

Auf beiden Seiten sucht man die Bevölkerung zu überzeugen, daß
sie die Beleidigten, die Bedrohten und die Angegriffenen sind.

Hören wir nicht länger auf die Reden des Hasses, sondern denken
wir daran, was diese Völker einander gegeben haben, und der Geist der
Rache, alle niedere Gesinnung muß schwinden. Jn uns allen lebt der-
selbe Glaube an dieselbe Gerechtigkeit, die gleiche Ergebung in das-
selbe Leid.

Soweit sich unsere Völker wahrhaft gekannt haben, schätzen und
achten sie sich. Wir haben von euren Musikern, Denkern und Dichtern
gelebt, wie ihr von den unseren.

Unsere Soldaten, wenn sie außerhalb des Kampfes zusammentreffen,
empfinden für einander das gleiche Mitleid. Deshalb wollen und dürfen
wir trotz der Verleumdungen, von denen die Presse voll ist, allen
Männern, die im Kampfe gefallen sind, unsere Bewunderung und unsere
schmerzvolle Sympathie nicht versagen. Wir Französinnen, deren Land
besetzt ist, wir zögern keinen Augenblick, euch zuerst die Hand zu reichen.
Wir wissen, die Mehrzahl unter euch denkt wie wir, und deshalb wollen
wir euch sagen, daß wir Schwestern sind, und daß wir euch lieben."

Deutsche Frauen antworteten darauf:

"Mit herzlichen Gefühlen warmen Dankes haben deutsche Frauen
den Gruß französischer Frauen erhalten und grüßen sie wieder im
gleichen Sinne!

Wir denken wie Jhr! Wir fühlen wie Jhr! Wir leiden wie Jhr!
Wir dulden wie Jhr mit gebundenen Händen und müssen jetzt schweigen
wie Jhr!

Wir sind wie Jhr zur Machtlosigkeit verdammt Greueln gegenüber,
die uns, die wir die Quelle alles Lebens sind, weil wir Leben schaffen,
in unserem heiligsten Weibtum tödlich treffen.

Gleicher Todesschauer aber, wie ihn dieser Krieg erzeugte, hat die
Welt noch nie durchbebt, das empfinden die Frauen aller Nationen mit
gleicher Stärke und Jnnerlichkeit, und diese Gleichheit des Empfindens
schweißt uns zusammen wie glühende Glut das Eisen zum Stahl und
lehrt uns den heiligen Schwur halten, den wir in dieser schweren Zeit

So wird ein Altersklasse nach der andern einberufen; unsere
Kinder werden großgezogen für den Tod.

Das Unglück des Krieges ist in allen kriegführenden Ländern das-
selbe. Die Gleichheit der Schmerzen, der Trauer, die Schrecken des
Todes haben in jedem Lande eine große Gemeinsamkeit geschaffen, und
überall scharen sich Männer und Frauen um ihr Vaterland, das leidet,
vereint in der Liebe, und vor allen Dingen vereint im Haß! Und dieser
Haß ist so leicht zu entflammen in der Bevölkerung.

Auf beiden Seiten sucht man die Bevölkerung zu überzeugen, daß
sie die Beleidigten, die Bedrohten und die Angegriffenen sind.

Hören wir nicht länger auf die Reden des Hasses, sondern denken
wir daran, was diese Völker einander gegeben haben, und der Geist der
Rache, alle niedere Gesinnung muß schwinden. Jn uns allen lebt der-
selbe Glaube an dieselbe Gerechtigkeit, die gleiche Ergebung in das-
selbe Leid.

Soweit sich unsere Völker wahrhaft gekannt haben, schätzen und
achten sie sich. Wir haben von euren Musikern, Denkern und Dichtern
gelebt, wie ihr von den unseren.

Unsere Soldaten, wenn sie außerhalb des Kampfes zusammentreffen,
empfinden für einander das gleiche Mitleid. Deshalb wollen und dürfen
wir trotz der Verleumdungen, von denen die Presse voll ist, allen
Männern, die im Kampfe gefallen sind, unsere Bewunderung und unsere
schmerzvolle Sympathie nicht versagen. Wir Französinnen, deren Land
besetzt ist, wir zögern keinen Augenblick, euch zuerst die Hand zu reichen.
Wir wissen, die Mehrzahl unter euch denkt wie wir, und deshalb wollen
wir euch sagen, daß wir Schwestern sind, und daß wir euch lieben.“

Deutsche Frauen antworteten darauf:

„Mit herzlichen Gefühlen warmen Dankes haben deutsche Frauen
den Gruß französischer Frauen erhalten und grüßen sie wieder im
gleichen Sinne!

Wir denken wie Jhr! Wir fühlen wie Jhr! Wir leiden wie Jhr!
Wir dulden wie Jhr mit gebundenen Händen und müssen jetzt schweigen
wie Jhr!

Wir sind wie Jhr zur Machtlosigkeit verdammt Greueln gegenüber,
die uns, die wir die Quelle alles Lebens sind, weil wir Leben schaffen,
in unserem heiligsten Weibtum tödlich treffen.

Gleicher Todesschauer aber, wie ihn dieser Krieg erzeugte, hat die
Welt noch nie durchbebt, das empfinden die Frauen aller Nationen mit
gleicher Stärke und Jnnerlichkeit, und diese Gleichheit des Empfindens
schweißt uns zusammen wie glühende Glut das Eisen zum Stahl und
lehrt uns den heiligen Schwur halten, den wir in dieser schweren Zeit

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[18/0017] So wird ein Altersklasse nach der andern einberufen; unsere Kinder werden großgezogen für den Tod. Das Unglück des Krieges ist in allen kriegführenden Ländern das- selbe. Die Gleichheit der Schmerzen, der Trauer, die Schrecken des Todes haben in jedem Lande eine große Gemeinsamkeit geschaffen, und überall scharen sich Männer und Frauen um ihr Vaterland, das leidet, vereint in der Liebe, und vor allen Dingen vereint im Haß! Und dieser Haß ist so leicht zu entflammen in der Bevölkerung. Auf beiden Seiten sucht man die Bevölkerung zu überzeugen, daß sie die Beleidigten, die Bedrohten und die Angegriffenen sind. Hören wir nicht länger auf die Reden des Hasses, sondern denken wir daran, was diese Völker einander gegeben haben, und der Geist der Rache, alle niedere Gesinnung muß schwinden. Jn uns allen lebt der- selbe Glaube an dieselbe Gerechtigkeit, die gleiche Ergebung in das- selbe Leid. Soweit sich unsere Völker wahrhaft gekannt haben, schätzen und achten sie sich. Wir haben von euren Musikern, Denkern und Dichtern gelebt, wie ihr von den unseren. Unsere Soldaten, wenn sie außerhalb des Kampfes zusammentreffen, empfinden für einander das gleiche Mitleid. Deshalb wollen und dürfen wir trotz der Verleumdungen, von denen die Presse voll ist, allen Männern, die im Kampfe gefallen sind, unsere Bewunderung und unsere schmerzvolle Sympathie nicht versagen. Wir Französinnen, deren Land besetzt ist, wir zögern keinen Augenblick, euch zuerst die Hand zu reichen. Wir wissen, die Mehrzahl unter euch denkt wie wir, und deshalb wollen wir euch sagen, daß wir Schwestern sind, und daß wir euch lieben.“ Deutsche Frauen antworteten darauf: „Mit herzlichen Gefühlen warmen Dankes haben deutsche Frauen den Gruß französischer Frauen erhalten und grüßen sie wieder im gleichen Sinne! Wir denken wie Jhr! Wir fühlen wie Jhr! Wir leiden wie Jhr! Wir dulden wie Jhr mit gebundenen Händen und müssen jetzt schweigen wie Jhr! Wir sind wie Jhr zur Machtlosigkeit verdammt Greueln gegenüber, die uns, die wir die Quelle alles Lebens sind, weil wir Leben schaffen, in unserem heiligsten Weibtum tödlich treffen. Gleicher Todesschauer aber, wie ihn dieser Krieg erzeugte, hat die Welt noch nie durchbebt, das empfinden die Frauen aller Nationen mit gleicher Stärke und Jnnerlichkeit, und diese Gleichheit des Empfindens schweißt uns zusammen wie glühende Glut das Eisen zum Stahl und lehrt uns den heiligen Schwur halten, den wir in dieser schweren Zeit

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-10-19T08:47:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-10-19T08:47:15Z)

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Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Heymann, Lida Gustava: Frauenstimmrecht und Völkerverständigung. Leipzig, 1919 (= Nach dem Weltkrieg. Schriften zur Neuorientierung der auswärtigen Politik, Bd. 9), S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heymann_voelkerverstaendigung_1919/17>, abgerufen am 27.11.2024.