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Heyking, Elisabeth von: Zwei Erzählungen. Leipzig, [1918].

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als bestände das rasch dahingleitende Leben überhaupt nur noch aus folles journees. Die Bälle und Maskeraden, die Feste aller Art jagten sich; jeder neue Gastgeber schien seinen Vorgänger durch etwas noch Kostbareres, noch Unerhörteres überbieten zu wollen. Ja, es war herrlich! Es war ein solcher Taumel, daß man darüber wohl eine Weile alles vergessen konnte. Aber doch regte sich in Dorothee, einer leisen Mahnung aus der Heimat gleich, bisweilen die Frage: Durfte man denn eigentlich das Vergnügen so zum Hauptzweck des Lebens erheben?

Und dann kam der unvergeßliche Abend.

Graf Rossi, der sardinische Gesandte, und seine schöne Gemahlin, die berühmte Sängerin Henriette Sonntag, hatten zu einem musikalischen Feste geladen. Und da bei ihnen erschien zum erstenmal ein neuer strahlender Stern am Petersburger Firmament: der junge Marchese Ercole. Aus altem Genuesischen Geschlechte stammend, der Besitzer herrlicher Paläste und eines weltberühmten Gartens, zog er alle Blicke auf sich. Aber auch ohne diese Attribute wäre er doch überall der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit geworden, denn er war von einer so vollendeten Schönheit, wie sie Maler und Bildhauer wohl erträumen, ein einzelner Mensch aber selten in sich vereinigt. Und dazu kam eine Eleganz, die altererbter Kultur entstammte und nichts Weibisches an sich hatte, sondern sehnige Kräfte barg, eine Grazie der Manier, ein Wohlklang der Stimme, die wie süße südliche Luft gefangen nahmen.

als bestände das rasch dahingleitende Leben überhaupt nur noch aus folles journées. Die Bälle und Maskeraden, die Feste aller Art jagten sich; jeder neue Gastgeber schien seinen Vorgänger durch etwas noch Kostbareres, noch Unerhörteres überbieten zu wollen. Ja, es war herrlich! Es war ein solcher Taumel, daß man darüber wohl eine Weile alles vergessen konnte. Aber doch regte sich in Dorothee, einer leisen Mahnung aus der Heimat gleich, bisweilen die Frage: Durfte man denn eigentlich das Vergnügen so zum Hauptzweck des Lebens erheben?

Und dann kam der unvergeßliche Abend.

Graf Rossi, der sardinische Gesandte, und seine schöne Gemahlin, die berühmte Sängerin Henriette Sonntag, hatten zu einem musikalischen Feste geladen. Und da bei ihnen erschien zum erstenmal ein neuer strahlender Stern am Petersburger Firmament: der junge Marchese Ercole. Aus altem Genuesischen Geschlechte stammend, der Besitzer herrlicher Paläste und eines weltberühmten Gartens, zog er alle Blicke auf sich. Aber auch ohne diese Attribute wäre er doch überall der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit geworden, denn er war von einer so vollendeten Schönheit, wie sie Maler und Bildhauer wohl erträumen, ein einzelner Mensch aber selten in sich vereinigt. Und dazu kam eine Eleganz, die altererbter Kultur entstammte und nichts Weibisches an sich hatte, sondern sehnige Kräfte barg, eine Grazie der Manier, ein Wohlklang der Stimme, die wie süße südliche Luft gefangen nahmen.

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[92/0094] als bestände das rasch dahingleitende Leben überhaupt nur noch aus folles journées. Die Bälle und Maskeraden, die Feste aller Art jagten sich; jeder neue Gastgeber schien seinen Vorgänger durch etwas noch Kostbareres, noch Unerhörteres überbieten zu wollen. Ja, es war herrlich! Es war ein solcher Taumel, daß man darüber wohl eine Weile alles vergessen konnte. Aber doch regte sich in Dorothee, einer leisen Mahnung aus der Heimat gleich, bisweilen die Frage: Durfte man denn eigentlich das Vergnügen so zum Hauptzweck des Lebens erheben? Und dann kam der unvergeßliche Abend. Graf Rossi, der sardinische Gesandte, und seine schöne Gemahlin, die berühmte Sängerin Henriette Sonntag, hatten zu einem musikalischen Feste geladen. Und da bei ihnen erschien zum erstenmal ein neuer strahlender Stern am Petersburger Firmament: der junge Marchese Ercole. Aus altem Genuesischen Geschlechte stammend, der Besitzer herrlicher Paläste und eines weltberühmten Gartens, zog er alle Blicke auf sich. Aber auch ohne diese Attribute wäre er doch überall der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit geworden, denn er war von einer so vollendeten Schönheit, wie sie Maler und Bildhauer wohl erträumen, ein einzelner Mensch aber selten in sich vereinigt. Und dazu kam eine Eleganz, die altererbter Kultur entstammte und nichts Weibisches an sich hatte, sondern sehnige Kräfte barg, eine Grazie der Manier, ein Wohlklang der Stimme, die wie süße südliche Luft gefangen nahmen.

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Zitationshilfe: Heyking, Elisabeth von: Zwei Erzählungen. Leipzig, [1918], S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyking_erzaehlungen_1918/94>, abgerufen am 25.11.2024.