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Heyking, Elisabeth von: Zwei Erzählungen. Leipzig, [1918].

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Dorothee blieb von da an wieder ruhig in Burkahnen bei den Eltern. Die aber wurden älter und kränklicher, und dann starben sie. Vorher hatten sie indessen noch die Freude erlebt, daß Dorothee den Vetter Arnold heiratete, der, wenn auch einmal von Süden her ein Sturm durch die Burkahner Welt gezogen war, nachher doch ebenso selbstverständlich dagestanden hatte, wie die Bäume, die auch gelegentliches Wehen überdauern. Wegen des Gesundheitszustandes der Eltern konnte es nur eine ganz kleine Hochzeit sein, und es erschien daher Dorothees Wunsch selbstverständlich, daß das Hochzeitsdiner nicht im großen Märchensaal serviert werde. So gehörte denn Burkahnen Dorothee zu eigen und, mit Vetter Arnolds Gut vereinigt, bildete es einen schönen Besitz. Aber hatte Dorothee in ihrer Jugendzeit damit begonnen zu glauben, daß Vetter Arnold und Burkahnen ihr gehörten, so wußte sie nun, daß sie selbst es war, die ihnen gehörte. Und es war ja auch schön und gut so. Vielleicht wollte es ihr aber manchmal doch scheinen, daß sie mehr gäbe, als sie empfange. - Die Zeiten gingen dahin, die Welt änderte sich. Längst lagen Schienen, und Eisenbahnzüge dampften auf jenen Wegen, über die Dorothee einst in Tante Sonjas Reisewagen gefahren war. Aber sie kehrte nie wieder nach Petersburg zurück. Arnold, den sie immer noch Vetter Arnold nannte, obgleich sie schon so viele Jahre verheiratet waren, mußte um so häufiger dorthin. Denn jetzt gehörte er zu jenen, die am eifrigsten für das gefährdete Baltentum kämpften, nicht in Auflehnung gegen die angestammte fremde Obrigkeit,

Dorothee blieb von da an wieder ruhig in Burkahnen bei den Eltern. Die aber wurden älter und kränklicher, und dann starben sie. Vorher hatten sie indessen noch die Freude erlebt, daß Dorothee den Vetter Arnold heiratete, der, wenn auch einmal von Süden her ein Sturm durch die Burkahner Welt gezogen war, nachher doch ebenso selbstverständlich dagestanden hatte, wie die Bäume, die auch gelegentliches Wehen überdauern. Wegen des Gesundheitszustandes der Eltern konnte es nur eine ganz kleine Hochzeit sein, und es erschien daher Dorothees Wunsch selbstverständlich, daß das Hochzeitsdiner nicht im großen Märchensaal serviert werde. So gehörte denn Burkahnen Dorothee zu eigen und, mit Vetter Arnolds Gut vereinigt, bildete es einen schönen Besitz. Aber hatte Dorothee in ihrer Jugendzeit damit begonnen zu glauben, daß Vetter Arnold und Burkahnen ihr gehörten, so wußte sie nun, daß sie selbst es war, die ihnen gehörte. Und es war ja auch schön und gut so. Vielleicht wollte es ihr aber manchmal doch scheinen, daß sie mehr gäbe, als sie empfange. – Die Zeiten gingen dahin, die Welt änderte sich. Längst lagen Schienen, und Eisenbahnzüge dampften auf jenen Wegen, über die Dorothee einst in Tante Sonjas Reisewagen gefahren war. Aber sie kehrte nie wieder nach Petersburg zurück. Arnold, den sie immer noch Vetter Arnold nannte, obgleich sie schon so viele Jahre verheiratet waren, mußte um so häufiger dorthin. Denn jetzt gehörte er zu jenen, die am eifrigsten für das gefährdete Baltentum kämpften, nicht in Auflehnung gegen die angestammte fremde Obrigkeit,

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[105/0107] Dorothee blieb von da an wieder ruhig in Burkahnen bei den Eltern. Die aber wurden älter und kränklicher, und dann starben sie. Vorher hatten sie indessen noch die Freude erlebt, daß Dorothee den Vetter Arnold heiratete, der, wenn auch einmal von Süden her ein Sturm durch die Burkahner Welt gezogen war, nachher doch ebenso selbstverständlich dagestanden hatte, wie die Bäume, die auch gelegentliches Wehen überdauern. Wegen des Gesundheitszustandes der Eltern konnte es nur eine ganz kleine Hochzeit sein, und es erschien daher Dorothees Wunsch selbstverständlich, daß das Hochzeitsdiner nicht im großen Märchensaal serviert werde. So gehörte denn Burkahnen Dorothee zu eigen und, mit Vetter Arnolds Gut vereinigt, bildete es einen schönen Besitz. Aber hatte Dorothee in ihrer Jugendzeit damit begonnen zu glauben, daß Vetter Arnold und Burkahnen ihr gehörten, so wußte sie nun, daß sie selbst es war, die ihnen gehörte. Und es war ja auch schön und gut so. Vielleicht wollte es ihr aber manchmal doch scheinen, daß sie mehr gäbe, als sie empfange. – Die Zeiten gingen dahin, die Welt änderte sich. Längst lagen Schienen, und Eisenbahnzüge dampften auf jenen Wegen, über die Dorothee einst in Tante Sonjas Reisewagen gefahren war. Aber sie kehrte nie wieder nach Petersburg zurück. Arnold, den sie immer noch Vetter Arnold nannte, obgleich sie schon so viele Jahre verheiratet waren, mußte um so häufiger dorthin. Denn jetzt gehörte er zu jenen, die am eifrigsten für das gefährdete Baltentum kämpften, nicht in Auflehnung gegen die angestammte fremde Obrigkeit,

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Zitationshilfe: Heyking, Elisabeth von: Zwei Erzählungen. Leipzig, [1918], S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyking_erzaehlungen_1918/107>, abgerufen am 24.11.2024.