Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Gestern ist wie eine welke Blume --
Man legt sie wohl als Zeichen in ein Buch --
Begrabt's mit seiner Schmach und seinem Ruhme
Und webt nicht länger an dem Leichentuch!
Dem Leben gilt's ein Lebehoch zu singen,
Und nicht ein Lied im Dienst der Schmeichelei;
Der Menschheit gilt's ein Opfer darzubringen,
Der Menschheit, auf dem Altar der Partei!
O stellt sie ein die ungerechte Klage,
Wenn ihr die Angst so mancher Seele schaut;
Es ist das Bangen vor dem Hochzeittage,
Das hoffnungsvolle Bangen einer Braut.
Schon drängen aller Orten sich die Erben
An's Krankenlager unsrer Zeit herbei;
Laßt, Dichter, laßt auch ihr den Kranken sterben,
Für eures Volkes Zukunft nehmt Partei!
Das Geſtern iſt wie eine welke Blume —
Man legt ſie wohl als Zeichen in ein Buch —
Begrabt's mit ſeiner Schmach und ſeinem Ruhme
Und webt nicht länger an dem Leichentuch!
Dem Leben gilt's ein Lebehoch zu ſingen,
Und nicht ein Lied im Dienſt der Schmeichelei;
Der Menſchheit gilt's ein Opfer darzubringen,
Der Menſchheit, auf dem Altar der Partei!
O ſtellt ſie ein die ungerechte Klage,
Wenn ihr die Angſt ſo mancher Seele ſchaut;
Es iſt das Bangen vor dem Hochzeittage,
Das hoffnungsvolle Bangen einer Braut.
Schon drängen aller Orten ſich die Erben
An's Krankenlager unſrer Zeit herbei;
Laßt, Dichter, laßt auch ihr den Kranken ſterben,
Für eures Volkes Zukunft nehmt Partei!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0073" n="63"/>
          <lg n="4">
            <l>Das Ge&#x017F;tern i&#x017F;t wie eine welke Blume &#x2014;</l><lb/>
            <l>Man legt &#x017F;ie wohl als Zeichen in ein Buch &#x2014;</l><lb/>
            <l>Begrabt's mit &#x017F;einer Schmach und &#x017F;einem Ruhme</l><lb/>
            <l>Und webt nicht länger an dem Leichentuch!</l><lb/>
            <l>Dem Leben gilt's ein Lebehoch zu &#x017F;ingen,</l><lb/>
            <l>Und nicht ein Lied im Dien&#x017F;t der Schmeichelei;</l><lb/>
            <l>Der Men&#x017F;chheit gilt's ein Opfer darzubringen,</l><lb/>
            <l>Der Men&#x017F;chheit, auf dem Altar der <hi rendition="#g">Partei</hi>!</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="5">
            <l>O &#x017F;tellt &#x017F;ie ein die ungerechte Klage,</l><lb/>
            <l>Wenn ihr die Ang&#x017F;t &#x017F;o mancher Seele &#x017F;chaut;</l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t das Bangen vor dem Hochzeittage,</l><lb/>
            <l>Das hoffnungsvolle Bangen einer Braut.</l><lb/>
            <l>Schon drängen aller Orten &#x017F;ich die Erben</l><lb/>
            <l>An's Krankenlager un&#x017F;rer Zeit herbei;</l><lb/>
            <l>Laßt, Dichter, laßt auch ihr den Kranken &#x017F;terben,</l><lb/>
            <l>Für eures Volkes Zukunft nehmt <hi rendition="#g">Partei</hi>!</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0073] Das Geſtern iſt wie eine welke Blume — Man legt ſie wohl als Zeichen in ein Buch — Begrabt's mit ſeiner Schmach und ſeinem Ruhme Und webt nicht länger an dem Leichentuch! Dem Leben gilt's ein Lebehoch zu ſingen, Und nicht ein Lied im Dienſt der Schmeichelei; Der Menſchheit gilt's ein Opfer darzubringen, Der Menſchheit, auf dem Altar der Partei! O ſtellt ſie ein die ungerechte Klage, Wenn ihr die Angſt ſo mancher Seele ſchaut; Es iſt das Bangen vor dem Hochzeittage, Das hoffnungsvolle Bangen einer Braut. Schon drängen aller Orten ſich die Erben An's Krankenlager unſrer Zeit herbei; Laßt, Dichter, laßt auch ihr den Kranken ſterben, Für eures Volkes Zukunft nehmt Partei!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843/73
Zitationshilfe: [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843/73>, abgerufen am 25.11.2024.