[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.Lustig grünt Dein Nadelholz, Lustig rauschen Deine Eichen; In den sechs und dreißig Reichen Fehlt ein einzig Körnchen Golds: Freier Bürger hoher Stolz Fehlt im Lande sonder Gleichen, In den sechs und dreißig Reichen. Wenn ein Sänger für Dich focht, Wenn ein Mann ein Schwert geschwungen, Hast Du scheu nur mitgesungen, Hast Du schüchtern mitgepocht; Und man hat Dich unterjocht, Hat Dich in den Staub gezwungen, Weil Du gar so still gesungen. Ihr beweinet's und bereut's --
Und das nennt ihr deutsche Treue? Laßt die Thränen, laßt die Reue, Soll nicht einst der Enkel Teut's Sterben an der Zwietracht Kreuz, Kämpf' und handle, Volk, auf's Neue, Denn der Teufel ist die Reue! Luſtig grünt Dein Nadelholz, Luſtig rauſchen Deine Eichen; In den ſechs und dreißig Reichen Fehlt ein einzig Körnchen Golds: Freier Bürger hoher Stolz Fehlt im Lande ſonder Gleichen, In den ſechs und dreißig Reichen. Wenn ein Sänger für Dich focht, Wenn ein Mann ein Schwert geſchwungen, Haſt Du ſcheu nur mitgeſungen, Haſt Du ſchüchtern mitgepocht; Und man hat Dich unterjocht, Hat Dich in den Staub gezwungen, Weil Du gar ſo ſtill geſungen. Ihr beweinet's und bereut's —
Und das nennt ihr deutſche Treue? Laßt die Thränen, laßt die Reue, Soll nicht einſt der Enkel Teut's Sterben an der Zwietracht Kreuz, Kämpf' und handle, Volk, auf's Neue, Denn der Teufel iſt die Reue! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0080" n="74"/> <lg n="2"> <l>Luſtig grünt Dein Nadelholz,</l><lb/> <l>Luſtig rauſchen Deine Eichen;</l><lb/> <l>In den ſechs und dreißig Reichen</l><lb/> <l>Fehlt ein einzig Körnchen Golds:</l><lb/> <l>Freier Bürger hoher Stolz</l><lb/> <l>Fehlt im Lande ſonder Gleichen,</l><lb/> <l>In den ſechs und dreißig Reichen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Wenn ein Sänger für Dich focht,</l><lb/> <l>Wenn ein Mann ein Schwert geſchwungen,</l><lb/> <l>Haſt Du ſcheu nur mitgeſungen,</l><lb/> <l>Haſt Du ſchüchtern mitgepocht;</l><lb/> <l>Und man hat Dich unterjocht,</l><lb/> <l>Hat Dich in den Staub gezwungen,</l><lb/> <l>Weil Du gar ſo ſtill geſungen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ihr beweinet's und bereut's —</l><lb/> <l>Und das nennt ihr deutſche Treue?</l><lb/> <l>Laßt die Thränen, laßt die Reue,</l><lb/> <l>Soll nicht einſt der Enkel Teut's</l><lb/> <l>Sterben an der Zwietracht Kreuz,</l><lb/> <l>Kämpf' und handle, Volk, auf's Neue,</l><lb/> <l>Denn der Teufel iſt die Reue!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [74/0080]
Luſtig grünt Dein Nadelholz,
Luſtig rauſchen Deine Eichen;
In den ſechs und dreißig Reichen
Fehlt ein einzig Körnchen Golds:
Freier Bürger hoher Stolz
Fehlt im Lande ſonder Gleichen,
In den ſechs und dreißig Reichen.
Wenn ein Sänger für Dich focht,
Wenn ein Mann ein Schwert geſchwungen,
Haſt Du ſcheu nur mitgeſungen,
Haſt Du ſchüchtern mitgepocht;
Und man hat Dich unterjocht,
Hat Dich in den Staub gezwungen,
Weil Du gar ſo ſtill geſungen.
Ihr beweinet's und bereut's —
Und das nennt ihr deutſche Treue?
Laßt die Thränen, laßt die Reue,
Soll nicht einſt der Enkel Teut's
Sterben an der Zwietracht Kreuz,
Kämpf' und handle, Volk, auf's Neue,
Denn der Teufel iſt die Reue!
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/80>, abgerufen am 03.07.2024. |