[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.Nächtlich mit Entsetzen dreh' er Sich im sternenlosen Nichts, Und von allen Engeln seh' er Nur den Engel des Gerichts; Jeder Schlag der Nachtigall Kling' ihm wie Posaunenschall, Der ihn vor den Ew'gen ruft; Und der Lerche jubelnd Schmettern, Wie der Blitz von tausend Wettern Treff' es ihn aus blauer Luft. Jeder Blütenbaum am Wege
Streu' auf's Haubt ihm Silberschnee, Einen eis'gen Panzer lege Um sein Schiff ihm jeder See; Wo er immer landen mag, Flieh' erschreckt der goldne Tag; In der öden kahlen Flur Soll sich seine Seele spiegeln, Ihm ein Buch mit tausend Siegeln Sei im Lenze die Natur. Nächtlich mit Entſetzen dreh' er Sich im ſternenloſen Nichts, Und von allen Engeln ſeh' er Nur den Engel des Gerichts; Jeder Schlag der Nachtigall Kling' ihm wie Poſaunenſchall, Der ihn vor den Ew'gen ruft; Und der Lerche jubelnd Schmettern, Wie der Blitz von tauſend Wettern Treff' es ihn aus blauer Luft. Jeder Blütenbaum am Wege
Streu' auf's Haubt ihm Silberſchnee, Einen eiſ'gen Panzer lege Um ſein Schiff ihm jeder See; Wo er immer landen mag, Flieh' erſchreckt der goldne Tag; In der öden kahlen Flur Soll ſich ſeine Seele ſpiegeln, Ihm ein Buch mit tauſend Siegeln Sei im Lenze die Natur. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0068" n="62"/> <lg n="4"> <l>Nächtlich mit Entſetzen dreh' er</l><lb/> <l>Sich im ſternenloſen Nichts,</l><lb/> <l>Und von allen Engeln ſeh' er</l><lb/> <l>Nur den Engel des Gerichts;</l><lb/> <l>Jeder Schlag der Nachtigall</l><lb/> <l>Kling' ihm wie Poſaunenſchall,</l><lb/> <l>Der ihn vor den Ew'gen ruft;</l><lb/> <l>Und der Lerche jubelnd Schmettern,</l><lb/> <l>Wie der Blitz von tauſend Wettern</l><lb/> <l>Treff' es ihn aus blauer Luft.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Jeder Blütenbaum am Wege</l><lb/> <l>Streu' auf's Haubt ihm Silberſchnee,</l><lb/> <l>Einen eiſ'gen Panzer lege</l><lb/> <l>Um ſein Schiff ihm jeder See;</l><lb/> <l>Wo er immer landen mag,</l><lb/> <l>Flieh' erſchreckt der goldne Tag;</l><lb/> <l>In der öden kahlen Flur</l><lb/> <l>Soll ſich ſeine Seele ſpiegeln,</l><lb/> <l>Ihm ein Buch mit tauſend Siegeln</l><lb/> <l>Sei im Lenze die Natur.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [62/0068]
Nächtlich mit Entſetzen dreh' er
Sich im ſternenloſen Nichts,
Und von allen Engeln ſeh' er
Nur den Engel des Gerichts;
Jeder Schlag der Nachtigall
Kling' ihm wie Poſaunenſchall,
Der ihn vor den Ew'gen ruft;
Und der Lerche jubelnd Schmettern,
Wie der Blitz von tauſend Wettern
Treff' es ihn aus blauer Luft.
Jeder Blütenbaum am Wege
Streu' auf's Haubt ihm Silberſchnee,
Einen eiſ'gen Panzer lege
Um ſein Schiff ihm jeder See;
Wo er immer landen mag,
Flieh' erſchreckt der goldne Tag;
In der öden kahlen Flur
Soll ſich ſeine Seele ſpiegeln,
Ihm ein Buch mit tauſend Siegeln
Sei im Lenze die Natur.
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/68>, abgerufen am 16.07.2024. |