[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.Kluge Herren! Die Gefangnen Möchten ihres Gleichen schauen; Doch, ihr Hüter des Vergangnen, Wer soll denn die Zukunft bauen? Sprecht, was sind euch denn verblieben, Außer uns, für wackre Stützen? Wer soll eure Töchter lieben? Wer soll eure Häuser schützen? Schmäht mir nicht die blonden Locken, Nicht die stürmische Geberde! Schön sind eure Silberflocken, Doch dem Gold gehört die Erde. Schmähet, schmäht mir nicht die Jugend, Wie sie auch sich laut verkündigt! O wie oft hat eure Tugend An der Menschheit still gesündigt! 4
Kluge Herren! Die Gefangnen Möchten ihres Gleichen ſchauen; Doch, ihr Hüter des Vergangnen, Wer ſoll denn die Zukunft bauen? Sprecht, was ſind euch denn verblieben, Außer uns, für wackre Stützen? Wer ſoll eure Töchter lieben? Wer ſoll eure Häuſer ſchützen? Schmäht mir nicht die blonden Locken, Nicht die ſtürmiſche Geberde! Schön ſind eure Silberflocken, Doch dem Gold gehört die Erde. Schmähet, ſchmäht mir nicht die Jugend, Wie ſie auch ſich laut verkündigt! O wie oft hat eure Tugend An der Menſchheit ſtill geſündigt! 4
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Kluge Herren! Die Gefangnen
Möchten ihres Gleichen ſchauen;
Doch, ihr Hüter des Vergangnen,
Wer ſoll denn die Zukunft bauen?
Sprecht, was ſind euch denn verblieben,
Außer uns, für wackre Stützen?
Wer ſoll eure Töchter lieben?
Wer ſoll eure Häuſer ſchützen?
Schmäht mir nicht die blonden Locken,
Nicht die ſtürmiſche Geberde!
Schön ſind eure Silberflocken,
Doch dem Gold gehört die Erde.
Schmähet, ſchmäht mir nicht die Jugend,
Wie ſie auch ſich laut verkündigt!
O wie oft hat eure Tugend
An der Menſchheit ſtill geſündigt!
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/55>, abgerufen am 16.07.2024. |