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[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.

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Des Dichters Qual die ungeborne Welt,
Der Keim, der mit der reifen Garbe fällt.

Ich will Euch an ein Dichterlager bringen.
Seht mit dem Tod ihn um die Zukunft ringen,
Seht seines Auges letzten Fieberstrahl,
Wie es so trunken in die Leere schaut
Und drein noch sterbend Paradiese baut!
Die Hand zuckt nach der Stirne noch einmal,
Das Herz pocht wilder an die schwachen Rippen,
Das Zauberwort schwebt auf den blassen Lippen --
Noch Ein Geheimniß möcht' er uns entdecken,
Den letzten, größten Traum in's Dasein wecken. --
O Herr des Himmels, sei ihm jetzt nicht taub!
Noch eine Stunde gönn' ihm, o Geschick!
Verlösche uns nicht des Profeten Blick!
Umsonst -- es bricht die müde Brust in Staub,
Und mit ihr wieder eine Freiheitsstütze,
Auf's stille Herz fällt die gelähmte Hand,
Daß sie im Tod noch vor der Welt es schütze;
Und die so reich vor seinem Geiste stand,
Er darf die Zukunft nicht zur Blüte treiben,

Des Dichters Qual die ungeborne Welt,
Der Keim, der mit der reifen Garbe fällt.

Ich will Euch an ein Dichterlager bringen.
Seht mit dem Tod ihn um die Zukunft ringen,
Seht ſeines Auges letzten Fieberſtrahl,
Wie es ſo trunken in die Leere ſchaut
Und drein noch ſterbend Paradieſe baut!
Die Hand zuckt nach der Stirne noch einmal,
Das Herz pocht wilder an die ſchwachen Rippen,
Das Zauberwort ſchwebt auf den blaſſen Lippen —
Noch Ein Geheimniß möcht' er uns entdecken,
Den letzten, größten Traum in's Daſein wecken. —
O Herr des Himmels, ſei ihm jetzt nicht taub!
Noch eine Stunde gönn' ihm, o Geſchick!
Verlöſche uns nicht des Profeten Blick!
Umſonſt — es bricht die müde Bruſt in Staub,
Und mit ihr wieder eine Freiheitsſtütze,
Auf's ſtille Herz fällt die gelähmte Hand,
Daß ſie im Tod noch vor der Welt es ſchütze;
Und die ſo reich vor ſeinem Geiſte ſtand,
Er darf die Zukunft nicht zur Blüte treiben,
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[187/0193] Des Dichters Qual die ungeborne Welt, Der Keim, der mit der reifen Garbe fällt. Ich will Euch an ein Dichterlager bringen. Seht mit dem Tod ihn um die Zukunft ringen, Seht ſeines Auges letzten Fieberſtrahl, Wie es ſo trunken in die Leere ſchaut Und drein noch ſterbend Paradieſe baut! Die Hand zuckt nach der Stirne noch einmal, Das Herz pocht wilder an die ſchwachen Rippen, Das Zauberwort ſchwebt auf den blaſſen Lippen — Noch Ein Geheimniß möcht' er uns entdecken, Den letzten, größten Traum in's Daſein wecken. — O Herr des Himmels, ſei ihm jetzt nicht taub! Noch eine Stunde gönn' ihm, o Geſchick! Verlöſche uns nicht des Profeten Blick! Umſonſt — es bricht die müde Bruſt in Staub, Und mit ihr wieder eine Freiheitsſtütze, Auf's ſtille Herz fällt die gelähmte Hand, Daß ſie im Tod noch vor der Welt es ſchütze; Und die ſo reich vor ſeinem Geiſte ſtand, Er darf die Zukunft nicht zur Blüte treiben,

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Zitationshilfe: [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/193>, abgerufen am 04.12.2024.