[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XXXVIII. O hätten sie mir doch ihr Ohr geliehen In jenen ersten unglücksel'gen Stunden, Da ich die Spur der Herrlichen gefunden, Und sprach: Ihr Freunde, laßt mich weiter ziehen! Sie lachten aber meiner nur und schrieen: Pah! ein Paar kleine, leichte Liebeswunden? Der Vogel ist nun einmal festgebunden, Und soll so bald nicht wieder uns entfliehen. Jetzt wollen Alle die Gefahr erkennen; Sie führen mir den Engel aus dem Haus, Da mir die Kraft versagt, um mich zu trennen. Lauft darauf alle Weisheit denn hinaus? Ihr laßt den Schmetterling getrost verbrennen, Und löscht voll Mitleid dann die Kerzen aus! XXXVIII. O hätten ſie mir doch ihr Ohr geliehen In jenen erſten unglückſel'gen Stunden, Da ich die Spur der Herrlichen gefunden, Und ſprach: Ihr Freunde, laßt mich weiter ziehen! Sie lachten aber meiner nur und ſchrieen: Pah! ein Paar kleine, leichte Liebeswunden? Der Vogel iſt nun einmal feſtgebunden, Und ſoll ſo bald nicht wieder uns entfliehen. Jetzt wollen Alle die Gefahr erkennen; Sie führen mir den Engel aus dem Haus, Da mir die Kraft verſagt, um mich zu trennen. Lauft darauf alle Weisheit denn hinaus? Ihr laßt den Schmetterling getroſt verbrennen, Und löſcht voll Mitleid dann die Kerzen aus! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0174" n="168"/> </div> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XXXVIII.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>O hätten ſie mir doch ihr Ohr geliehen</l><lb/> <l>In jenen erſten unglückſel'gen Stunden,</l><lb/> <l>Da ich die Spur der Herrlichen gefunden,</l><lb/> <l>Und ſprach: Ihr Freunde, laßt mich weiter ziehen!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Sie lachten aber meiner nur und ſchrieen:</l><lb/> <l>Pah! ein <hi rendition="#g">Paar</hi> kleine, leichte Liebeswunden?</l><lb/> <l>Der Vogel iſt nun einmal feſtgebunden,</l><lb/> <l>Und ſoll ſo bald nicht wieder uns entfliehen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Jetzt wollen Alle die Gefahr erkennen;</l><lb/> <l>Sie führen mir den Engel aus dem Haus,</l><lb/> <l>Da mir die Kraft verſagt, um mich zu trennen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Lauft darauf alle Weisheit denn hinaus?</l><lb/> <l>Ihr laßt den Schmetterling getroſt verbrennen,</l><lb/> <l>Und löſcht voll Mitleid dann die Kerzen aus!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0174]
XXXVIII.
O hätten ſie mir doch ihr Ohr geliehen
In jenen erſten unglückſel'gen Stunden,
Da ich die Spur der Herrlichen gefunden,
Und ſprach: Ihr Freunde, laßt mich weiter ziehen!
Sie lachten aber meiner nur und ſchrieen:
Pah! ein Paar kleine, leichte Liebeswunden?
Der Vogel iſt nun einmal feſtgebunden,
Und ſoll ſo bald nicht wieder uns entfliehen.
Jetzt wollen Alle die Gefahr erkennen;
Sie führen mir den Engel aus dem Haus,
Da mir die Kraft verſagt, um mich zu trennen.
Lauft darauf alle Weisheit denn hinaus?
Ihr laßt den Schmetterling getroſt verbrennen,
Und löſcht voll Mitleid dann die Kerzen aus!
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/174>, abgerufen am 22.07.2024. |