[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XXX. Freiligrath. Der Himmel fing von Neuem an zu blauen, Der Winter sich zum Abmarsch anzuschicken, Die Erde sich mit jungem Grün zu sticken, -- Ich nahm Dein Buch, recht tief darein zu schauen. Und mich erfaßt ein heimlich lüstern Grauen; Ich seh' die alten Straußenfedern nicken, Und glaub' in Tausend Eine Nacht zu blicken -- Hier, denk' ich, wären so für mich die Frauen! Da bringt mein Mädchen mir die ersten Veilchen, Im blauen Shawl, im leichten Rosakleide, Die weiche Hand das Einzige von Seide. Dein Orient ruht wieder auf ein Weilchen; Mein Herz, kaum nach der Fremde so begehrlich, Bleibt gern im Lande nun und nährt sich ehrlich. XXX. Freiligrath. Der Himmel fing von Neuem an zu blauen, Der Winter ſich zum Abmarſch anzuſchicken, Die Erde ſich mit jungem Grün zu ſticken, — Ich nahm Dein Buch, recht tief darein zu ſchauen. Und mich erfaßt ein heimlich lüſtern Grauen; Ich ſeh' die alten Straußenfedern nicken, Und glaub' in Tauſend Eine Nacht zu blicken — Hier, denk' ich, wären ſo für mich die Frauen! Da bringt mein Mädchen mir die erſten Veilchen, Im blauen Shawl, im leichten Roſakleide, Die weiche Hand das Einzige von Seide. Dein Orient ruht wieder auf ein Weilchen; Mein Herz, kaum nach der Fremde ſo begehrlich, Bleibt gern im Lande nun und nährt ſich ehrlich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0166" n="160"/> </div> <div n="2"> <head><hi rendition="#aq">XXX</hi>.<lb/></head> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Freiligrath.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Himmel fing von Neuem an zu blauen,</l><lb/> <l>Der Winter ſich zum Abmarſch anzuſchicken,</l><lb/> <l>Die Erde ſich mit jungem Grün zu ſticken, —</l><lb/> <l>Ich nahm Dein Buch, recht tief darein zu ſchauen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Und mich erfaßt ein heimlich lüſtern Grauen;</l><lb/> <l>Ich ſeh' die alten Straußenfedern nicken,</l><lb/> <l>Und glaub' in Tauſend Eine Nacht zu blicken —</l><lb/> <l>Hier, denk' ich, wären ſo für mich die Frauen!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Da bringt mein Mädchen mir die erſten Veilchen,</l><lb/> <l>Im blauen Shawl, im leichten Roſakleide,</l><lb/> <l>Die weiche Hand das Einzige von Seide.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Dein Orient ruht wieder auf ein Weilchen;</l><lb/> <l>Mein Herz, kaum nach der Fremde ſo begehrlich,</l><lb/> <l>Bleibt gern im Lande nun und nährt ſich ehrlich.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0166]
XXX.
Freiligrath.
Der Himmel fing von Neuem an zu blauen,
Der Winter ſich zum Abmarſch anzuſchicken,
Die Erde ſich mit jungem Grün zu ſticken, —
Ich nahm Dein Buch, recht tief darein zu ſchauen.
Und mich erfaßt ein heimlich lüſtern Grauen;
Ich ſeh' die alten Straußenfedern nicken,
Und glaub' in Tauſend Eine Nacht zu blicken —
Hier, denk' ich, wären ſo für mich die Frauen!
Da bringt mein Mädchen mir die erſten Veilchen,
Im blauen Shawl, im leichten Roſakleide,
Die weiche Hand das Einzige von Seide.
Dein Orient ruht wieder auf ein Weilchen;
Mein Herz, kaum nach der Fremde ſo begehrlich,
Bleibt gern im Lande nun und nährt ſich ehrlich.
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/166>, abgerufen am 03.07.2024. |