[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XIX. Von Hermelin den Mantel umgeschlagen, Das trunkne Haubt weit über mir im Blauen, Die Alpen -- wie so stolz darein sie schauen, Als wüßten sie, daß sie den Himmel tragen! Gleich leichtbeschwingten Liebesboten jagen Die Silberströme hin durch Nacht und Grauen, Dem Oceane von den hohen Frauen Manch einen sehnsuchtsvollen Gruß zu sagen. Die Herden läuten und die Adler fliegen, Das ist ein ewig Rauschen, ewig Rinnen, Als könnt' das Leben nimmer hier versiegen. Läßt sich ein schöner, schöner Bild ersinnen? Und doch hab' ich das Schönste noch verschwiegen: Den frommen, stillen Friedhof mitten drinnen! XIX. Von Hermelin den Mantel umgeſchlagen, Das trunkne Haubt weit über mir im Blauen, Die Alpen — wie ſo ſtolz darein ſie ſchauen, Als wüßten ſie, daß ſie den Himmel tragen! Gleich leichtbeſchwingten Liebesboten jagen Die Silberſtröme hin durch Nacht und Grauen, Dem Oceane von den hohen Frauen Manch einen ſehnſuchtsvollen Gruß zu ſagen. Die Herden läuten und die Adler fliegen, Das iſt ein ewig Rauſchen, ewig Rinnen, Als könnt' das Leben nimmer hier verſiegen. Läßt ſich ein ſchöner, ſchöner Bild erſinnen? Und doch hab' ich das Schönſte noch verſchwiegen: Den frommen, ſtillen Friedhof mitten drinnen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0155" n="149"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XIX.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Von Hermelin den Mantel umgeſchlagen,</l><lb/> <l>Das trunkne Haubt weit über mir im Blauen,</l><lb/> <l>Die Alpen — wie ſo ſtolz darein ſie ſchauen,</l><lb/> <l>Als wüßten ſie, daß ſie den Himmel tragen!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Gleich leichtbeſchwingten Liebesboten jagen</l><lb/> <l>Die Silberſtröme hin durch Nacht und Grauen,</l><lb/> <l>Dem Oceane von den hohen Frauen</l><lb/> <l>Manch einen ſehnſuchtsvollen Gruß zu ſagen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Die Herden läuten und die Adler fliegen,</l><lb/> <l>Das iſt ein ewig Rauſchen, ewig Rinnen,</l><lb/> <l>Als könnt' das Leben nimmer hier verſiegen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Läßt ſich ein ſchöner, ſchöner Bild erſinnen?</l><lb/> <l>Und doch hab' ich das Schönſte noch verſchwiegen:</l><lb/> <l>Den frommen, ſtillen Friedhof mitten drinnen!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0155]
XIX.
Von Hermelin den Mantel umgeſchlagen,
Das trunkne Haubt weit über mir im Blauen,
Die Alpen — wie ſo ſtolz darein ſie ſchauen,
Als wüßten ſie, daß ſie den Himmel tragen!
Gleich leichtbeſchwingten Liebesboten jagen
Die Silberſtröme hin durch Nacht und Grauen,
Dem Oceane von den hohen Frauen
Manch einen ſehnſuchtsvollen Gruß zu ſagen.
Die Herden läuten und die Adler fliegen,
Das iſt ein ewig Rauſchen, ewig Rinnen,
Als könnt' das Leben nimmer hier verſiegen.
Läßt ſich ein ſchöner, ſchöner Bild erſinnen?
Und doch hab' ich das Schönſte noch verſchwiegen:
Den frommen, ſtillen Friedhof mitten drinnen!
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/155>, abgerufen am 22.07.2024. |