[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XIII. O lobt Euch nur des Westes Schmeichelwehen, Wenn kräuselnd er ob blauen Flächen zittert Und kaum dem Schilf ein welkes Blatt zerknittert -- Ihr stillen Seelen, mög's Euch wohl ergehen! Ich aber muß das Meer im Sturme sehen, Wenn Segel reißen, wenn der Mast zersplittert, Wenn's in mir, um mich, über mir gewittert, Wenn Luft und Wasser hell im Brande stehen. Ihr mögt ein ungleich größer Glück erfahren, Daß Eure Gluten lange schon verlodert, Eh' Euer Leib im Schoos der Erde modert. Ich werd' nun einmal wilder mit den Jahren, Die Leidenschaft ist mein Eliaswagen, Und Feuer nur kann mich zum Himmel tragen. XIII. O lobt Euch nur des Weſtes Schmeichelwehen, Wenn kräuſelnd er ob blauen Flächen zittert Und kaum dem Schilf ein welkes Blatt zerknittert — Ihr ſtillen Seelen, mög's Euch wohl ergehen! Ich aber muß das Meer im Sturme ſehen, Wenn Segel reißen, wenn der Maſt zerſplittert, Wenn's in mir, um mich, über mir gewittert, Wenn Luft und Waſſer hell im Brande ſtehen. Ihr mögt ein ungleich größer Glück erfahren, Daß Eure Gluten lange ſchon verlodert, Eh' Euer Leib im Schoos der Erde modert. Ich werd' nun einmal wilder mit den Jahren, Die Leidenſchaft iſt mein Eliaswagen, Und Feuer nur kann mich zum Himmel tragen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0149" n="143"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XIII.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>O lobt Euch nur des Weſtes Schmeichelwehen,</l><lb/> <l>Wenn kräuſelnd er ob blauen Flächen zittert</l><lb/> <l>Und kaum dem Schilf ein welkes Blatt zerknittert —</l><lb/> <l>Ihr ſtillen Seelen, mög's Euch wohl ergehen!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Ich aber muß das Meer im Sturme ſehen,</l><lb/> <l>Wenn Segel reißen, wenn der Maſt zerſplittert,</l><lb/> <l>Wenn's in mir, um mich, über mir gewittert,</l><lb/> <l>Wenn Luft und Waſſer hell im Brande ſtehen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Ihr mögt ein ungleich größer Glück erfahren,</l><lb/> <l>Daß Eure Gluten lange ſchon verlodert,</l><lb/> <l>Eh' Euer Leib im Schoos der Erde modert.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ich werd' nun einmal wilder mit den Jahren,</l><lb/> <l>Die <hi rendition="#g">Leidenſchaft</hi> iſt mein Eliaswagen,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Und Feuer nur kann mich zum Himmel tragen</hi>.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0149]
XIII.
O lobt Euch nur des Weſtes Schmeichelwehen,
Wenn kräuſelnd er ob blauen Flächen zittert
Und kaum dem Schilf ein welkes Blatt zerknittert —
Ihr ſtillen Seelen, mög's Euch wohl ergehen!
Ich aber muß das Meer im Sturme ſehen,
Wenn Segel reißen, wenn der Maſt zerſplittert,
Wenn's in mir, um mich, über mir gewittert,
Wenn Luft und Waſſer hell im Brande ſtehen.
Ihr mögt ein ungleich größer Glück erfahren,
Daß Eure Gluten lange ſchon verlodert,
Eh' Euer Leib im Schoos der Erde modert.
Ich werd' nun einmal wilder mit den Jahren,
Die Leidenſchaft iſt mein Eliaswagen,
Und Feuer nur kann mich zum Himmel tragen.
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/149>, abgerufen am 22.07.2024. |