[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.I. Was schmerzlich oft die Seele mir durchwühlte Und drin in stillen Nächten sich bewegte, Wie meine Mutter mich, die Zeit, erregte, Was ich für sie, was ihr zum Trotz ich fühlte -- Hier ist es, wie ich's aus der Brust mir spülte, Wie ich's in scharfgeschliff'ne Formen legte, Vor roher Hand mit einem Zaun umhegte, Beglückt, daß ich das Herz mir endlich kühlte. Doch schaudert mich, so wild sind meine Musen, Ein toll Geschlecht, gleich jener Rotte Kora, Abscheuliche, versteinernde Medusen -- Allein nur zu -- periculum in mora -- Fort mit den Ungeheuern aus dem Busen, Und aufgethan die Büchse der Pandora! I. Was ſchmerzlich oft die Seele mir durchwühlte Und drin in ſtillen Nächten ſich bewegte, Wie meine Mutter mich, die Zeit, erregte, Was ich für ſie, was ihr zum Trotz ich fühlte — Hier iſt es, wie ich's aus der Bruſt mir ſpülte, Wie ich's in ſcharfgeſchliff'ne Formen legte, Vor roher Hand mit einem Zaun umhegte, Beglückt, daß ich das Herz mir endlich kühlte. Doch ſchaudert mich, ſo wild ſind meine Muſen, Ein toll Geſchlecht, gleich jener Rotte Kora, Abſcheuliche, verſteinernde Meduſen — Allein nur zu — periculum in mora — Fort mit den Ungeheuern aus dem Buſen, Und aufgethan die Büchſe der Pandora! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0137" n="131"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#aq">I</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was ſchmerzlich oft die Seele mir durchwühlte</l><lb/> <l>Und drin in ſtillen Nächten ſich bewegte,</l><lb/> <l>Wie meine Mutter mich, <hi rendition="#g">die Zeit</hi>, erregte,</l><lb/> <l>Was ich <hi rendition="#g">für</hi> ſie, <hi rendition="#g">was ihr zum Trotz</hi> ich fühlte —</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Hier iſt es, wie ich's aus der Bruſt mir ſpülte,</l><lb/> <l>Wie ich's in ſcharfgeſchliff'ne Formen legte,</l><lb/> <l>Vor roher Hand mit einem Zaun umhegte,</l><lb/> <l>Beglückt, daß ich das Herz mir endlich kühlte.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Doch ſchaudert mich, ſo wild ſind meine Muſen,</l><lb/> <l>Ein toll Geſchlecht, gleich jener Rotte Kora,</l><lb/> <l>Abſcheuliche, verſteinernde Meduſen —</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Allein nur zu — <hi rendition="#aq">periculum in mora</hi> —</l><lb/> <l>Fort mit den Ungeheuern aus dem Buſen,</l><lb/> <l>Und aufgethan die Büchſe der Pandora!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0137]
I.
Was ſchmerzlich oft die Seele mir durchwühlte
Und drin in ſtillen Nächten ſich bewegte,
Wie meine Mutter mich, die Zeit, erregte,
Was ich für ſie, was ihr zum Trotz ich fühlte —
Hier iſt es, wie ich's aus der Bruſt mir ſpülte,
Wie ich's in ſcharfgeſchliff'ne Formen legte,
Vor roher Hand mit einem Zaun umhegte,
Beglückt, daß ich das Herz mir endlich kühlte.
Doch ſchaudert mich, ſo wild ſind meine Muſen,
Ein toll Geſchlecht, gleich jener Rotte Kora,
Abſcheuliche, verſteinernde Meduſen —
Allein nur zu — periculum in mora —
Fort mit den Ungeheuern aus dem Buſen,
Und aufgethan die Büchſe der Pandora!
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/137>, abgerufen am 22.07.2024. |