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Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

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alle physiologischen Mittelglieder und insbesondere die psycho-
physischen Processe einfach übersprungen.

Nur die psychophysischen Untersuchungen, insbesondere
Fechner's, nehmen eingehendere Rücksicht auf die physiologi-
schen Zwischenglieder, besonders insofern als Fechner ein Gesetz
der functionellen Beziehung zwischen der psychophysischen Bewe-
gung und der sogenannten Intensität der Empfindungen aufstellte,
das nach ihm benannte psychophysische Gesetz, dessen
Giltigkeit ich aber nicht blos für den Gesichtssinn,
sondern für alle Sinnesgebiete bestreiten muß
.

§. 26.
Vom Wesen der psychophysischen Processe.

Wenn man sich von der Natur der psychophysischen Pro-
cesse eine Vorstellung machen will, so hat man von vornherein
die Wahl zwischen solchen inneren Bewegungen der psycho-
physischen oder kurzweg psychischen Substanz, welche ohne
Änderung der chemischen Zusammensetzung ablaufen, und
solchen Bewegungen, welche sich zugleich als Änderungen der
chemischen Zusammensetzung darstellen. Der Physiolog der
Gegenwart kann jedoch nicht mehr in Zweifel sein, wofür er
sich zu entscheiden hat. Denn die allgemeine Nervenphysiologie
hat hinreichend erwiesen, daß jede Bewegung oder Thätigkeit
der nervösen Substanz dieselbe zugleich chemisch alterirt, und
auf die Annahme chemischer Änderungen stützen sich alle unsere
Vorstellungen von der Erregbarkeitsänderung, Ermüdung und
Wiedererholung nach der Thätigkeit.

Wie Du Bois-Reymond eine rein physikalische Hypothese
über die Vorgänge in der Nervenfaser aufstellen konnte, wird da-
durch begreiflich, daß er im Grunde nur auf die Erklärung dessen
ausging, was ihm der Multiplicator über die Vorgänge im Nerven
aussagte. Hätte er für die Veränderungen des Nerven ein so
feines chemisches Reagens gehabt, wie er im Multiplicator ein
elektrisches besaß, so hätte er eben eine chemische Hypothese
gemacht. Einen triftigen Einwand gegen meine Behauptung, daß
sich nach unseren jetzigen Kenntnissen die Thätigkeit der psycho-
physischen Substanz nicht gut ohne gleichzeitige chemische

alle physiologischen Mittelglieder und insbesondere die psycho-
physischen Processe einfach übersprungen.

Nur die psychophysischen Untersuchungen, insbesondere
Fechner’s, nehmen eingehendere Rücksicht auf die physiologi-
schen Zwischenglieder, besonders insofern als Fechner ein Gesetz
der functionellen Beziehung zwischen der psychophysischen Bewe-
gung und der sogenannten Intensität der Empfindungen aufstellte,
das nach ihm benannte psychophysische Gesetz, dessen
Giltigkeit ich aber nicht blos für den Gesichtssinn,
sondern für alle Sinnesgebiete bestreiten muß
.

§. 26.
Vom Wesen der psychophysischen Processe.

Wenn man sich von der Natur der psychophysischen Pro-
cesse eine Vorstellung machen will, so hat man von vornherein
die Wahl zwischen solchen inneren Bewegungen der psycho-
physischen oder kurzweg psychischen Substanz, welche ohne
Änderung der chemischen Zusammensetzung ablaufen, und
solchen Bewegungen, welche sich zugleich als Änderungen der
chemischen Zusammensetzung darstellen. Der Physiolog der
Gegenwart kann jedoch nicht mehr in Zweifel sein, wofür er
sich zu entscheiden hat. Denn die allgemeine Nervenphysiologie
hat hinreichend erwiesen, daß jede Bewegung oder Thätigkeit
der nervösen Substanz dieselbe zugleich chemisch alterirt, und
auf die Annahme chemischer Änderungen stützen sich alle unsere
Vorstellungen von der Erregbarkeitsänderung, Ermüdung und
Wiedererholung nach der Thätigkeit.

Wie Du Bois-Reymond eine rein physikalische Hypothese
über die Vorgänge in der Nervenfaser aufstellen konnte, wird da-
durch begreiflich, daß er im Grunde nur auf die Erklärung dessen
ausging, was ihm der Multiplicator über die Vorgänge im Nerven
aussagte. Hätte er für die Veränderungen des Nerven ein so
feines chemisches Reagens gehabt, wie er im Multiplicator ein
elektrisches besaß, so hätte er eben eine chemische Hypothese
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physischen Substanz nicht gut ohne gleichzeitige chemische

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[73/0081] alle physiologischen Mittelglieder und insbesondere die psycho- physischen Processe einfach übersprungen. Nur die psychophysischen Untersuchungen, insbesondere Fechner’s, nehmen eingehendere Rücksicht auf die physiologi- schen Zwischenglieder, besonders insofern als Fechner ein Gesetz der functionellen Beziehung zwischen der psychophysischen Bewe- gung und der sogenannten Intensität der Empfindungen aufstellte, das nach ihm benannte psychophysische Gesetz, dessen Giltigkeit ich aber nicht blos für den Gesichtssinn, sondern für alle Sinnesgebiete bestreiten muß. §. 26. Vom Wesen der psychophysischen Processe. Wenn man sich von der Natur der psychophysischen Pro- cesse eine Vorstellung machen will, so hat man von vornherein die Wahl zwischen solchen inneren Bewegungen der psycho- physischen oder kurzweg psychischen Substanz, welche ohne Änderung der chemischen Zusammensetzung ablaufen, und solchen Bewegungen, welche sich zugleich als Änderungen der chemischen Zusammensetzung darstellen. Der Physiolog der Gegenwart kann jedoch nicht mehr in Zweifel sein, wofür er sich zu entscheiden hat. Denn die allgemeine Nervenphysiologie hat hinreichend erwiesen, daß jede Bewegung oder Thätigkeit der nervösen Substanz dieselbe zugleich chemisch alterirt, und auf die Annahme chemischer Änderungen stützen sich alle unsere Vorstellungen von der Erregbarkeitsänderung, Ermüdung und Wiedererholung nach der Thätigkeit. Wie Du Bois-Reymond eine rein physikalische Hypothese über die Vorgänge in der Nervenfaser aufstellen konnte, wird da- durch begreiflich, daß er im Grunde nur auf die Erklärung dessen ausging, was ihm der Multiplicator über die Vorgänge im Nerven aussagte. Hätte er für die Veränderungen des Nerven ein so feines chemisches Reagens gehabt, wie er im Multiplicator ein elektrisches besaß, so hätte er eben eine chemische Hypothese gemacht. Einen triftigen Einwand gegen meine Behauptung, daß sich nach unseren jetzigen Kenntnissen die Thätigkeit der psycho- physischen Substanz nicht gut ohne gleichzeitige chemische

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Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/81>, abgerufen am 21.11.2024.