Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite

pfindungen mit einander vergleichen sollen, welche in analoger
Weise von uns "ausgelegt" werden. Wir dürfen also, wenn es
sich um die Gleichheit oder den Unterschied zweier Helligkeiten
oder Dunkelheiten handelt, nicht ein als Licht empfundenes Hell
oder ein als Schatten oder Finsterniß empfundenes Dunkel ver-
gleichen mit einem als Körperfarbe empfundenen Weiß, Grau
oder Schwarz.

Da es viel schwieriger ist, scharf begrenzte Schatten oder
Lichter von beliebiger Form und Helligkeit oder Dunkelheit zu
erzeugen, so habe ich die handgreiflichsten Erscheinungen der
Induction und des Contrastes auf Grund von Versuchen mit
weißem, grauem und schwarzem Papier beschrieben. Aber alle
diese Versuche lassen sich auch auf weißen oder grauen Flächen
mit Hilfe darauf geworfener Lichter oder Schatten anstellen, und
deshalb war es gestattet, Weiß und Hell, Schwarz und Dunkel
zunächst als für unsere Versuche gleichwerthig anzusehen, und
dies um so mehr, als ich überall das Hauptgewicht auf die im
geschlossenen und verdunkelten Auge beobachteten Nachempfin-
dungen gelegt habe, bei welchen es einen Unterschied zwischen
Licht, Hell und Weiß, oder zwischen Finster, Dunkel und Schwarz
nicht mehr gibt.

Dies alles gilt jedoch nur von den farblosen Empfindungen;
denn die Helligkeit oder Dunkelheit einer farbigen Empfindung
hängt nicht lediglich von dem Verhältnisse des in ihr mit ent-
haltenen Schwarz und Weiß ab.

Um Mißverständnisse zu vermeiden, war ich zu dieser
kurzen und deshalb vielleicht oberflächlich scheinenden Erörte-
rung genöthigt. Der in diesem Paragraphen besprochene Gegen-
stand erfordert freilich eine viel ausführlichere, gründlichere
Besprechung, die ich später auch zu geben gedenke. Hier wollte
ich nur meinen Standpunkt in dieser Frage kurz bezeichnen.


pfindungen mit einander vergleichen sollen, welche in analoger
Weise von uns „ausgelegt“ werden. Wir dürfen also, wenn es
sich um die Gleichheit oder den Unterschied zweier Helligkeiten
oder Dunkelheiten handelt, nicht ein als Licht empfundenes Hell
oder ein als Schatten oder Finsterniß empfundenes Dunkel ver-
gleichen mit einem als Körperfarbe empfundenen Weiß, Grau
oder Schwarz.

Da es viel schwieriger ist, scharf begrenzte Schatten oder
Lichter von beliebiger Form und Helligkeit oder Dunkelheit zu
erzeugen, so habe ich die handgreiflichsten Erscheinungen der
Induction und des Contrastes auf Grund von Versuchen mit
weißem, grauem und schwarzem Papier beschrieben. Aber alle
diese Versuche lassen sich auch auf weißen oder grauen Flächen
mit Hilfe darauf geworfener Lichter oder Schatten anstellen, und
deshalb war es gestattet, Weiß und Hell, Schwarz und Dunkel
zunächst als für unsere Versuche gleichwerthig anzusehen, und
dies um so mehr, als ich überall das Hauptgewicht auf die im
geschlossenen und verdunkelten Auge beobachteten Nachempfin-
dungen gelegt habe, bei welchen es einen Unterschied zwischen
Licht, Hell und Weiß, oder zwischen Finster, Dunkel und Schwarz
nicht mehr gibt.

Dies alles gilt jedoch nur von den farblosen Empfindungen;
denn die Helligkeit oder Dunkelheit einer farbigen Empfindung
hängt nicht lediglich von dem Verhältnisse des in ihr mit ent-
haltenen Schwarz und Weiß ab.

Um Mißverständnisse zu vermeiden, war ich zu dieser
kurzen und deshalb vielleicht oberflächlich scheinenden Erörte-
rung genöthigt. Der in diesem Paragraphen besprochene Gegen-
stand erfordert freilich eine viel ausführlichere, gründlichere
Besprechung, die ich später auch zu geben gedenke. Hier wollte
ich nur meinen Standpunkt in dieser Frage kurz bezeichnen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0077" n="69"/>
pfindungen mit einander vergleichen sollen, welche in analoger<lb/>
Weise von uns &#x201E;ausgelegt&#x201C; werden. Wir dürfen also, wenn es<lb/>
sich um die Gleichheit oder den Unterschied zweier Helligkeiten<lb/>
oder Dunkelheiten handelt, nicht ein als Licht empfundenes Hell<lb/>
oder ein als Schatten oder Finsterniß empfundenes Dunkel ver-<lb/>
gleichen mit einem als Körperfarbe empfundenen Weiß, Grau<lb/>
oder Schwarz.</p><lb/>
          <p>Da es viel schwieriger ist, scharf begrenzte Schatten oder<lb/>
Lichter von beliebiger Form und Helligkeit oder Dunkelheit zu<lb/>
erzeugen, so habe ich die handgreiflichsten Erscheinungen der<lb/>
Induction und des Contrastes auf Grund von Versuchen mit<lb/>
weißem, grauem und schwarzem Papier beschrieben. Aber alle<lb/>
diese Versuche lassen sich auch auf weißen oder grauen Flächen<lb/>
mit Hilfe darauf geworfener Lichter oder Schatten anstellen, und<lb/>
deshalb war es gestattet, Weiß und Hell, Schwarz und Dunkel<lb/>
zunächst als für unsere Versuche gleichwerthig anzusehen, und<lb/>
dies um so mehr, als ich überall das Hauptgewicht auf die im<lb/>
geschlossenen und verdunkelten Auge beobachteten Nachempfin-<lb/>
dungen gelegt habe, bei welchen es einen Unterschied zwischen<lb/>
Licht, Hell und Weiß, oder zwischen Finster, Dunkel und Schwarz<lb/>
nicht mehr gibt.</p><lb/>
          <p>Dies alles gilt jedoch nur von den farblosen Empfindungen;<lb/>
denn die Helligkeit oder Dunkelheit einer farbigen Empfindung<lb/>
hängt nicht lediglich von dem Verhältnisse des in ihr mit ent-<lb/>
haltenen Schwarz und Weiß ab.</p><lb/>
          <p>Um Mißverständnisse zu vermeiden, war ich zu dieser<lb/>
kurzen und deshalb vielleicht oberflächlich scheinenden Erörte-<lb/>
rung genöthigt. Der in diesem Paragraphen besprochene Gegen-<lb/>
stand erfordert freilich eine viel ausführlichere, gründlichere<lb/>
Besprechung, die ich später auch zu geben gedenke. Hier wollte<lb/>
ich nur meinen Standpunkt in dieser Frage kurz bezeichnen.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0077] pfindungen mit einander vergleichen sollen, welche in analoger Weise von uns „ausgelegt“ werden. Wir dürfen also, wenn es sich um die Gleichheit oder den Unterschied zweier Helligkeiten oder Dunkelheiten handelt, nicht ein als Licht empfundenes Hell oder ein als Schatten oder Finsterniß empfundenes Dunkel ver- gleichen mit einem als Körperfarbe empfundenen Weiß, Grau oder Schwarz. Da es viel schwieriger ist, scharf begrenzte Schatten oder Lichter von beliebiger Form und Helligkeit oder Dunkelheit zu erzeugen, so habe ich die handgreiflichsten Erscheinungen der Induction und des Contrastes auf Grund von Versuchen mit weißem, grauem und schwarzem Papier beschrieben. Aber alle diese Versuche lassen sich auch auf weißen oder grauen Flächen mit Hilfe darauf geworfener Lichter oder Schatten anstellen, und deshalb war es gestattet, Weiß und Hell, Schwarz und Dunkel zunächst als für unsere Versuche gleichwerthig anzusehen, und dies um so mehr, als ich überall das Hauptgewicht auf die im geschlossenen und verdunkelten Auge beobachteten Nachempfin- dungen gelegt habe, bei welchen es einen Unterschied zwischen Licht, Hell und Weiß, oder zwischen Finster, Dunkel und Schwarz nicht mehr gibt. Dies alles gilt jedoch nur von den farblosen Empfindungen; denn die Helligkeit oder Dunkelheit einer farbigen Empfindung hängt nicht lediglich von dem Verhältnisse des in ihr mit ent- haltenen Schwarz und Weiß ab. Um Mißverständnisse zu vermeiden, war ich zu dieser kurzen und deshalb vielleicht oberflächlich scheinenden Erörte- rung genöthigt. Der in diesem Paragraphen besprochene Gegen- stand erfordert freilich eine viel ausführlichere, gründlichere Besprechung, die ich später auch zu geben gedenke. Hier wollte ich nur meinen Standpunkt in dieser Frage kurz bezeichnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Aus pragmatischen Gründen wurde für das DTA die z… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/77
Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/77>, abgerufen am 22.11.2024.