und das reinste Weiß sei nichts anderes als die Empfindung der vollständigen Hemmung der Schwarzempfindung. Beide Voraus- setzungen wären gleich unerlaubt, denn wir sollen eben die Em- pfindungen zunächst ohne alle derartige Voraussetzungen unter- suchen.
Da man also mit demselben Rechte von einer Intensität der Empfindung des Schwarzen oder Dunklen, wie von einer Inten- sität des Weißen oder Hellen sprechen kann, so muß man ent- weder den Ausdruck "Intensität" ganz fallen lassen und sagen, daß in der beschriebenen Empfindungsreihe die Empfindung Schritt für Schritt ihre Qualität ändere, und muß die ganze Scala der Empfindungen zwischen Weiß und Schwarz in der- selben Weise auffassen, wie die Farbenscala, welche von einer gesättigten Farbe, z. B. dem Roth, zu einer andern, z. B. dem Gelb, führt, oder man muß in der schwarzweißen Empfin- dungsreihe zwei Intensitätsscalen annehmen, deren eine dem Weißen oder Hellen, die andere dem Schwar- zen oder Dunklen entspricht.
Nun wird man vielleicht einwenden wollen, daß man es anders gar nicht gemeint habe, als man von der Intensität der Lichtempfindung sprach. Das Schwarz könne zwar allenfalls eine Gesichtsempfindung, aber gewiß nicht eine Lichtempfindung genannt werden; und es verstehe sich von selbst, daß mit jedem Wachsthum des Positiven eine entsprechende Abnahme des Ne- gativen einhergehe.
Aber worin liegt dieses angeblich Positive der Empfindung des Weißen gegenüber dem Schwarzen? Lediglich darin, daß wir, Dank der alltäglichen Erfahrung und der physikalischen Optik, mehr Positives von den Vorgängen wissen, welche die weiße Empfindung, als von denen, welche die schwarze Empfin- dung bedingen. Als bloße Empfindung ist Schwarz ganz ebenso positiv wie Weiß, und wenn man durchaus die eine dieser beiden Empfindungen als positiv, die andere als negativ bezeichnen will, so kann man ebenso gut das Schwarz wie das Weiß positiv nennen. Übrigens aber besteht zwischen diesen beiden Empfin- dungen gar nicht dasselbe Verhältniß, wie zwischen positiven und negativen Größen in dem jetzt üblichen mathematischen Sinne, denn jene Empfindungen heben sich nicht gegenseitig auf,
und das reinste Weiß sei nichts anderes als die Empfindung der vollständigen Hemmung der Schwarzempfindung. Beide Voraus- setzungen wären gleich unerlaubt, denn wir sollen eben die Em- pfindungen zunächst ohne alle derartige Voraussetzungen unter- suchen.
Da man also mit demselben Rechte von einer Intensität der Empfindung des Schwarzen oder Dunklen, wie von einer Inten- sität des Weißen oder Hellen sprechen kann, so muß man ent- weder den Ausdruck „Intensität“ ganz fallen lassen und sagen, daß in der beschriebenen Empfindungsreihe die Empfindung Schritt für Schritt ihre Qualität ändere, und muß die ganze Scala der Empfindungen zwischen Weiß und Schwarz in der- selben Weise auffassen, wie die Farbenscala, welche von einer gesättigten Farbe, z. B. dem Roth, zu einer andern, z. B. dem Gelb, führt, oder man muß in der schwarzweißen Empfin- dungsreihe zwei Intensitätsscalen annehmen, deren eine dem Weißen oder Hellen, die andere dem Schwar- zen oder Dunklen entspricht.
Nun wird man vielleicht einwenden wollen, daß man es anders gar nicht gemeint habe, als man von der Intensität der Lichtempfindung sprach. Das Schwarz könne zwar allenfalls eine Gesichtsempfindung, aber gewiß nicht eine Lichtempfindung genannt werden; und es verstehe sich von selbst, daß mit jedem Wachsthum des Positiven eine entsprechende Abnahme des Ne- gativen einhergehe.
Aber worin liegt dieses angeblich Positive der Empfindung des Weißen gegenüber dem Schwarzen? Lediglich darin, daß wir, Dank der alltäglichen Erfahrung und der physikalischen Optik, mehr Positives von den Vorgängen wissen, welche die weiße Empfindung, als von denen, welche die schwarze Empfin- dung bedingen. Als bloße Empfindung ist Schwarz ganz ebenso positiv wie Weiß, und wenn man durchaus die eine dieser beiden Empfindungen als positiv, die andere als negativ bezeichnen will, so kann man ebenso gut das Schwarz wie das Weiß positiv nennen. Übrigens aber besteht zwischen diesen beiden Empfin- dungen gar nicht dasselbe Verhältniß, wie zwischen positiven und negativen Größen in dem jetzt üblichen mathematischen Sinne, denn jene Empfindungen heben sich nicht gegenseitig auf,
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und das reinste Weiß sei nichts anderes als die Empfindung der
vollständigen Hemmung der Schwarzempfindung. Beide Voraus-
setzungen wären gleich unerlaubt, denn wir sollen eben die Em-
pfindungen zunächst ohne alle derartige Voraussetzungen unter-
suchen.
Da man also mit demselben Rechte von einer Intensität der
Empfindung des Schwarzen oder Dunklen, wie von einer Inten-
sität des Weißen oder Hellen sprechen kann, so muß man ent-
weder den Ausdruck „Intensität“ ganz fallen lassen und sagen,
daß in der beschriebenen Empfindungsreihe die Empfindung
Schritt für Schritt ihre Qualität ändere, und muß die ganze
Scala der Empfindungen zwischen Weiß und Schwarz in der-
selben Weise auffassen, wie die Farbenscala, welche von einer
gesättigten Farbe, z. B. dem Roth, zu einer andern, z. B. dem Gelb,
führt, oder man muß in der schwarzweißen Empfin-
dungsreihe zwei Intensitätsscalen annehmen, deren
eine dem Weißen oder Hellen, die andere dem Schwar-
zen oder Dunklen entspricht.
Nun wird man vielleicht einwenden wollen, daß man es
anders gar nicht gemeint habe, als man von der Intensität der
Lichtempfindung sprach. Das Schwarz könne zwar allenfalls
eine Gesichtsempfindung, aber gewiß nicht eine Lichtempfindung
genannt werden; und es verstehe sich von selbst, daß mit jedem
Wachsthum des Positiven eine entsprechende Abnahme des Ne-
gativen einhergehe.
Aber worin liegt dieses angeblich Positive der Empfindung
des Weißen gegenüber dem Schwarzen? Lediglich darin, daß
wir, Dank der alltäglichen Erfahrung und der physikalischen
Optik, mehr Positives von den Vorgängen wissen, welche die
weiße Empfindung, als von denen, welche die schwarze Empfin-
dung bedingen. Als bloße Empfindung ist Schwarz ganz ebenso
positiv wie Weiß, und wenn man durchaus die eine dieser beiden
Empfindungen als positiv, die andere als negativ bezeichnen will,
so kann man ebenso gut das Schwarz wie das Weiß positiv
nennen. Übrigens aber besteht zwischen diesen beiden Empfin-
dungen gar nicht dasselbe Verhältniß, wie zwischen positiven
und negativen Größen in dem jetzt üblichen mathematischen
Sinne, denn jene Empfindungen heben sich nicht gegenseitig auf,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Aus pragmatischen Gründen wurde für das DTA die z… [mehr]
Aus pragmatischen Gründen wurde für das DTA die zweite, unveränderte Auflage von 1878 zugrunde gelegt. Diese enthält Herings insgesamt sechs zwischen 1872 und 1876 erschienenen "Mittheilungen" "Zur Lehre vom Lichtsinne" aus den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften in Wien, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse.
Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/62>, abgerufen am 19.07.2024.
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