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Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

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§. 7.
Schlußfolgerungen.

Der im vorigen Paragraph besprochene Versuch läßt sich
natürlich vielfach variiren; es kommt eben nur darauf an, den
Gedanken einer directen Vergleichung des subjectiven Lichtes
mit dem objectiven zur Durchführung zu bringen. Hätte ich vom
Leser voraussetzen dürfen, daß er von vornherein mit mir der
Annahme geneigt sei, eine lebhafte subjective Lichtempfindung,
wie sie bei den bisher beschriebenen Versuchen beobachtet wird,
könne nicht lediglich aus falschen Urtheilen entstehen, sondern
müsse ihren physiologischen Grund im Sehorgane selbst haben,
so hätte ich freilich meine Darlegung ganz anders beginnen
können. Bei der großen Verbreitung aber, welche gegenwärtig
die spiritualistische Theorie gewonnen hat, mußte ich zunächst
solche Versuche herausgreifen, welche keinen Zweifel mehr da-
gegen aufkommen lassen, daß die besprochenen subjectiven
Lichterscheinungen aus den Eigenschaften unseres Sehorganes
und nicht aus dem Übersinnlichen zu erklären sind. Ehe ich aber
diese Erklärung versuche und eine Theorie der gesammten Licht-
empfindung entwickele, ist noch eine große Reihe anderweiter
Thatsachen zu besprechen. Für diesmal will ich mich darauf
beschränken, aus den bisher angeführten Versuchen ein allge-
meineres Gesetz abzuleiten, auf welches sich die später zu er-
örternde Theorie mit zu gründen haben wird.

Wir sahen aus den drei obigen Versuchen, daß, wenn wir
irgend ein Helles auf dunklem Grunde längere Zeit fixirt hatten,
nachher im Sehfelde der geschlossenen und gedeckten Augen die
Conturen des im Vorbilde Hellen uns wieder erschienen, aber
jetzt eine relativ dunkle Fläche einschlossen und von einer Um-
gebung abgrenzten, deren Helligkeit in unmittelbarer Nähe des
Nachbildes am größten war und sich dann allmälig abstufte,
um in die wieder dunklere Grundfärbung des übrigen Sehfeldes
überzugehen. Ich bezeichnete diese, unter Umständen sehr große
Helligkeit der nächsten Umgebung des dunkleren Nachbildes als
den Lichthof. Um mich an den Sprachgebrauch anzuschließen,
welcher von inducirten Farben spricht, die ich später auch aus-
führlich zu erörtern haben werde, will ich das Licht des Licht-

§. 7.
Schlußfolgerungen.

Der im vorigen Paragraph besprochene Versuch läßt sich
natürlich vielfach variiren; es kommt eben nur darauf an, den
Gedanken einer directen Vergleichung des subjectiven Lichtes
mit dem objectiven zur Durchführung zu bringen. Hätte ich vom
Leser voraussetzen dürfen, daß er von vornherein mit mir der
Annahme geneigt sei, eine lebhafte subjective Lichtempfindung,
wie sie bei den bisher beschriebenen Versuchen beobachtet wird,
könne nicht lediglich aus falschen Urtheilen entstehen, sondern
müsse ihren physiologischen Grund im Sehorgane selbst haben,
so hätte ich freilich meine Darlegung ganz anders beginnen
können. Bei der großen Verbreitung aber, welche gegenwärtig
die spiritualistische Theorie gewonnen hat, mußte ich zunächst
solche Versuche herausgreifen, welche keinen Zweifel mehr da-
gegen aufkommen lassen, daß die besprochenen subjectiven
Lichterscheinungen aus den Eigenschaften unseres Sehorganes
und nicht aus dem Übersinnlichen zu erklären sind. Ehe ich aber
diese Erklärung versuche und eine Theorie der gesammten Licht-
empfindung entwickele, ist noch eine große Reihe anderweiter
Thatsachen zu besprechen. Für diesmal will ich mich darauf
beschränken, aus den bisher angeführten Versuchen ein allge-
meineres Gesetz abzuleiten, auf welches sich die später zu er-
örternde Theorie mit zu gründen haben wird.

Wir sahen aus den drei obigen Versuchen, daß, wenn wir
irgend ein Helles auf dunklem Grunde längere Zeit fixirt hatten,
nachher im Sehfelde der geschlossenen und gedeckten Augen die
Conturen des im Vorbilde Hellen uns wieder erschienen, aber
jetzt eine relativ dunkle Fläche einschlossen und von einer Um-
gebung abgrenzten, deren Helligkeit in unmittelbarer Nähe des
Nachbildes am größten war und sich dann allmälig abstufte,
um in die wieder dunklere Grundfärbung des übrigen Sehfeldes
überzugehen. Ich bezeichnete diese, unter Umständen sehr große
Helligkeit der nächsten Umgebung des dunkleren Nachbildes als
den Lichthof. Um mich an den Sprachgebrauch anzuschließen,
welcher von inducirten Farben spricht, die ich später auch aus-
führlich zu erörtern haben werde, will ich das Licht des Licht-

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[18/0026] §. 7. Schlußfolgerungen. Der im vorigen Paragraph besprochene Versuch läßt sich natürlich vielfach variiren; es kommt eben nur darauf an, den Gedanken einer directen Vergleichung des subjectiven Lichtes mit dem objectiven zur Durchführung zu bringen. Hätte ich vom Leser voraussetzen dürfen, daß er von vornherein mit mir der Annahme geneigt sei, eine lebhafte subjective Lichtempfindung, wie sie bei den bisher beschriebenen Versuchen beobachtet wird, könne nicht lediglich aus falschen Urtheilen entstehen, sondern müsse ihren physiologischen Grund im Sehorgane selbst haben, so hätte ich freilich meine Darlegung ganz anders beginnen können. Bei der großen Verbreitung aber, welche gegenwärtig die spiritualistische Theorie gewonnen hat, mußte ich zunächst solche Versuche herausgreifen, welche keinen Zweifel mehr da- gegen aufkommen lassen, daß die besprochenen subjectiven Lichterscheinungen aus den Eigenschaften unseres Sehorganes und nicht aus dem Übersinnlichen zu erklären sind. Ehe ich aber diese Erklärung versuche und eine Theorie der gesammten Licht- empfindung entwickele, ist noch eine große Reihe anderweiter Thatsachen zu besprechen. Für diesmal will ich mich darauf beschränken, aus den bisher angeführten Versuchen ein allge- meineres Gesetz abzuleiten, auf welches sich die später zu er- örternde Theorie mit zu gründen haben wird. Wir sahen aus den drei obigen Versuchen, daß, wenn wir irgend ein Helles auf dunklem Grunde längere Zeit fixirt hatten, nachher im Sehfelde der geschlossenen und gedeckten Augen die Conturen des im Vorbilde Hellen uns wieder erschienen, aber jetzt eine relativ dunkle Fläche einschlossen und von einer Um- gebung abgrenzten, deren Helligkeit in unmittelbarer Nähe des Nachbildes am größten war und sich dann allmälig abstufte, um in die wieder dunklere Grundfärbung des übrigen Sehfeldes überzugehen. Ich bezeichnete diese, unter Umständen sehr große Helligkeit der nächsten Umgebung des dunkleren Nachbildes als den Lichthof. Um mich an den Sprachgebrauch anzuschließen, welcher von inducirten Farben spricht, die ich später auch aus- führlich zu erörtern haben werde, will ich das Licht des Licht-

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Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/26>, abgerufen am 24.11.2024.