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[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.

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aromatischen Treibhause Osts und Süds ge-
härtet werden konnten: natürlich blieb ihr Zu-
stand roher, ihre kleine Gesellschaften getrenn-
ter
und wilder: aber die menschlichen Bande
noch in Stärke, menschlicher Trieb und Kraft
in Fülle. -- Da konnte das Land werden,
was Tacitus beschreibt. Und als dies nordi-
sche Meer von Völkern mit allen Wogen in
Bewegung gerieth, Wogen drängten Wogen,
Völker andre Völker! Mauer und Damm um
Rom war zerrissen: sie selbst hatten ihnen die
Lücken gezeigt und sie herbeygelockt, daran zu
flicken -- endlich da alles brach, welche Ue-
berschwemmung des Süds, durch den Nord!
und nach allen Umwälzungen und Abscheulich-
keiten welche neue nordsüdliche Welt!

Wer den Zustand der römischen Länder (und
sie waren damals das gebildete Universum!)
in den letzten Jahrhunderten bemerket, wird
diesen Weg der Vorsehung, einen so sonder-
baren Ersatz menschlicher Kräfte zu bereiten,

anstaunen und bewundern. Alles war erschöpft,
entnervt, zerrüttet.
Von Menschen verlas-
sen, von entnervten Menschen bewohnt, in
Ueppigkeit, Lastern, Unordnungen, Freyheit und
wildem Kriegesstolz untersinkend. Die schö-

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aromatiſchen Treibhauſe Oſts und Suͤds ge-
haͤrtet werden konnten: natuͤrlich blieb ihr Zu-
ſtand roher, ihre kleine Geſellſchaften getrenn-
ter
und wilder: aber die menſchlichen Bande
noch in Staͤrke, menſchlicher Trieb und Kraft
in Fuͤlle. — Da konnte das Land werden,
was Tacitus beſchreibt. Und als dies nordi-
ſche Meer von Voͤlkern mit allen Wogen in
Bewegung gerieth, Wogen draͤngten Wogen,
Voͤlker andre Voͤlker! Mauer und Damm um
Rom war zerriſſen: ſie ſelbſt hatten ihnen die
Luͤcken gezeigt und ſie herbeygelockt, daran zu
flicken — endlich da alles brach, welche Ue-
berſchwemmung des Suͤds, durch den Nord!
und nach allen Umwaͤlzungen und Abſcheulich-
keiten welche neue nordſuͤdliche Welt!

Wer den Zuſtand der roͤmiſchen Laͤnder (und
ſie waren damals das gebildete Univerſum!)
in den letzten Jahrhunderten bemerket, wird
dieſen Weg der Vorſehung, einen ſo ſonder-
baren Erſatz menſchlicher Kraͤfte zu bereiten,

anſtaunen und bewundern. Alles war erſchoͤpft,
entnervt, zerruͤttet.
Von Menſchen verlaſ-
ſen, von entnervten Menſchen bewohnt, in
Ueppigkeit, Laſtern, Unordnungen, Freyheit und
wildem Kriegesſtolz unterſinkend. Die ſchoͤ-

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[65/0069] aromatiſchen Treibhauſe Oſts und Suͤds ge- haͤrtet werden konnten: natuͤrlich blieb ihr Zu- ſtand roher, ihre kleine Geſellſchaften getrenn- ter und wilder: aber die menſchlichen Bande noch in Staͤrke, menſchlicher Trieb und Kraft in Fuͤlle. — Da konnte das Land werden, was Tacitus beſchreibt. Und als dies nordi- ſche Meer von Voͤlkern mit allen Wogen in Bewegung gerieth, Wogen draͤngten Wogen, Voͤlker andre Voͤlker! Mauer und Damm um Rom war zerriſſen: ſie ſelbſt hatten ihnen die Luͤcken gezeigt und ſie herbeygelockt, daran zu flicken — endlich da alles brach, welche Ue- berſchwemmung des Suͤds, durch den Nord! und nach allen Umwaͤlzungen und Abſcheulich- keiten welche neue nordſuͤdliche Welt! Wer den Zuſtand der roͤmiſchen Laͤnder (und ſie waren damals das gebildete Univerſum!) in den letzten Jahrhunderten bemerket, wird dieſen Weg der Vorſehung, einen ſo ſonder- baren Erſatz menſchlicher Kraͤfte zu bereiten, anſtaunen und bewundern. Alles war erſchoͤpft, entnervt, zerruͤttet. Von Menſchen verlaſ- ſen, von entnervten Menſchen bewohnt, in Ueppigkeit, Laſtern, Unordnungen, Freyheit und wildem Kriegesſtolz unterſinkend. Die ſchoͤ- nen E

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Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774/69>, abgerufen am 22.11.2024.