Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

mir jemand hier wiederholen. Jch will
sie so fern zugeben, daß K. beste Art, über
Gott zu denken, nicht für jeden, zu aller
Zeit, einzig und allein
die beste Art seyn
könne: daß bei Leuten von groben Begrif-
fen die zweite vielleicht die bessere sey, daß
selbst der feurigste Dichter nicht ohne. die
erste seyn müsse: daß eine aufgeregte poe-
tische Einbildung an sich nicht die stille tau-
mellose Empfindung sey, die die Religion
fodert und die moralisch uns bessert, folg-
lich so fern die zweite eine bessere Art über
Gott zu denken ist, als die poetische Aufwal-
lung: daß K. übel verstanden, und übel
nachgeahmt, verführerisch sey u. s. w. alles
dies gebe ich zu, und wünsche also dies Blatt
aus dem Nordischen Aufseher weg; aber
das getraue ich mir nicht zu sagen, was der
zuletzt angeführte Rec. predigt: "wo die Ein-
"bildungskraft so geschäfftig ist, da ist ganz
"gewiß das Herz leer, kalt: so wird die Re-
"ligion weggewizzelt u. s. w." * Jch kann

blos
* Th. 1. p. 40.
Fragm. III S. X

mir jemand hier wiederholen. Jch will
ſie ſo fern zugeben, daß K. beſte Art, uͤber
Gott zu denken, nicht fuͤr jeden, zu aller
Zeit, einzig und allein
die beſte Art ſeyn
koͤnne: daß bei Leuten von groben Begrif-
fen die zweite vielleicht die beſſere ſey, daß
ſelbſt der feurigſte Dichter nicht ohne. die
erſte ſeyn muͤſſe: daß eine aufgeregte poe-
tiſche Einbildung an ſich nicht die ſtille tau-
melloſe Empfindung ſey, die die Religion
fodert und die moraliſch uns beſſert, folg-
lich ſo fern die zweite eine beſſere Art uͤber
Gott zu denken iſt, als die poetiſche Aufwal-
lung: daß K. uͤbel verſtanden, und uͤbel
nachgeahmt, verfuͤhreriſch ſey u. ſ. w. alles
dies gebe ich zu, und wuͤnſche alſo dies Blatt
aus dem Nordiſchen Aufſeher weg; aber
das getraue ich mir nicht zu ſagen, was der
zuletzt angefuͤhrte Rec. predigt: „wo die Ein-
„bildungskraft ſo geſchaͤfftig iſt, da iſt ganz
„gewiß das Herz leer, kalt: ſo wird die Re-
„ligion weggewizzelt u. ſ. w.„ * Jch kann

blos
* Th. 1. p. 40.
Fragm. III S. X
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0329" n="321"/>
mir jemand hier wiederholen. Jch will<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;o fern zugeben, daß K. be&#x017F;te Art, u&#x0364;ber<lb/>
Gott zu denken, nicht <hi rendition="#fr">fu&#x0364;r jeden, zu aller<lb/>
Zeit, einzig und allein</hi> die be&#x017F;te Art &#x017F;eyn<lb/>
ko&#x0364;nne: daß bei Leuten von groben Begrif-<lb/>
fen die zweite vielleicht die <hi rendition="#fr">be&#x017F;&#x017F;ere</hi> &#x017F;ey, daß<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t der feurig&#x017F;te Dichter nicht ohne. die<lb/>
er&#x017F;te &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e: daß eine <hi rendition="#fr">aufgeregte</hi> poe-<lb/>
ti&#x017F;che Einbildung an &#x017F;ich nicht die &#x017F;tille tau-<lb/>
mello&#x017F;e Empfindung &#x017F;ey, die die Religion<lb/>
fodert und die morali&#x017F;ch uns <hi rendition="#fr">be&#x017F;&#x017F;ert,</hi> folg-<lb/>
lich &#x017F;o fern die zweite eine <hi rendition="#fr">be&#x017F;&#x017F;ere</hi> Art u&#x0364;ber<lb/>
Gott zu denken i&#x017F;t, als die poeti&#x017F;che Aufwal-<lb/>
lung: daß K. u&#x0364;bel ver&#x017F;tanden, und u&#x0364;bel<lb/>
nachgeahmt, verfu&#x0364;hreri&#x017F;ch &#x017F;ey u. &#x017F;. w. alles<lb/>
dies gebe ich zu, und wu&#x0364;n&#x017F;che al&#x017F;o dies Blatt<lb/>
aus dem <hi rendition="#fr">Nordi&#x017F;chen Auf&#x017F;eher</hi> weg; aber<lb/>
das getraue ich mir nicht zu &#x017F;agen, was der<lb/>
zuletzt angefu&#x0364;hrte Rec. predigt: &#x201E;wo die Ein-<lb/>
&#x201E;bildungskraft &#x017F;o ge&#x017F;cha&#x0364;fftig i&#x017F;t, da i&#x017F;t ganz<lb/>
&#x201E;gewiß das Herz leer, kalt: &#x017F;o wird die Re-<lb/>
&#x201E;ligion weggewizzelt u. &#x017F;. w.&#x201E; <note place="foot" n="*">Th. 1. p. 40.</note> Jch kann<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">blos</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Fragm.</hi><hi rendition="#aq">III</hi><hi rendition="#fr">S.</hi> X</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0329] mir jemand hier wiederholen. Jch will ſie ſo fern zugeben, daß K. beſte Art, uͤber Gott zu denken, nicht fuͤr jeden, zu aller Zeit, einzig und allein die beſte Art ſeyn koͤnne: daß bei Leuten von groben Begrif- fen die zweite vielleicht die beſſere ſey, daß ſelbſt der feurigſte Dichter nicht ohne. die erſte ſeyn muͤſſe: daß eine aufgeregte poe- tiſche Einbildung an ſich nicht die ſtille tau- melloſe Empfindung ſey, die die Religion fodert und die moraliſch uns beſſert, folg- lich ſo fern die zweite eine beſſere Art uͤber Gott zu denken iſt, als die poetiſche Aufwal- lung: daß K. uͤbel verſtanden, und uͤbel nachgeahmt, verfuͤhreriſch ſey u. ſ. w. alles dies gebe ich zu, und wuͤnſche alſo dies Blatt aus dem Nordiſchen Aufſeher weg; aber das getraue ich mir nicht zu ſagen, was der zuletzt angefuͤhrte Rec. predigt: „wo die Ein- „bildungskraft ſo geſchaͤfftig iſt, da iſt ganz „gewiß das Herz leer, kalt: ſo wird die Re- „ligion weggewizzelt u. ſ. w.„ * Jch kann blos * Th. 1. p. 40. Fragm. III S. X

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/329
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/329>, abgerufen am 22.11.2024.