und Kragen, für unsre Zuhörer gepredigt. Und Paulus macht in seiner Sprache, nach seiner Denkart, zu seinem Zweck doch auch bisweilen Perioden, welche mit allen ihren Parenthesen nie von uns nachgeahmt werden können. Eben so mag ein andrer untersuchen: "ob Cicero solche labyrinthische "Perioden alsdenn geflochten, wenn er die "Ohren einer unwissenden Menge kitzeln, "wenn er gerichtliche Ränke brauchen wollte "u. s. w. *." Jch weiß nicht, ob Cicero solch ein Sophist gewesen, ich breche gar vom Kanzelstil ab, damit nicht, wenn dies wäre, ein witziger Kopf, der gemeiniglich an der Homiletik zuerst zum Ritter werden will, mir gar zu diesem Stück der Parallele salutire mit jenen Worten aus Ovids Verwandlungen:
Nunc quoque in alitibus facundia prisca remansit Raucaque garrulitas, studiumque immane loquendi.
Jch frage vielmehr: Haben denn die Al- ten -- haben selbst die Römer -- haben sie selbst in der politischen Beredsamkeit
ihren
* Litt. Br. Th. 3. p. 317.
Fragm.IIIS. T
und Kragen, fuͤr unſre Zuhoͤrer gepredigt. Und Paulus macht in ſeiner Sprache, nach ſeiner Denkart, zu ſeinem Zweck doch auch bisweilen Perioden, welche mit allen ihren Parentheſen nie von uns nachgeahmt werden koͤnnen. Eben ſo mag ein andrer unterſuchen: „ob Cicero ſolche labyrinthiſche „Perioden alsdenn geflochten, wenn er die „Ohren einer unwiſſenden Menge kitzeln, „wenn er gerichtliche Raͤnke brauchen wollte „u. ſ. w. *.„ Jch weiß nicht, ob Cicero ſolch ein Sophiſt geweſen, ich breche gar vom Kanzelſtil ab, damit nicht, wenn dies waͤre, ein witziger Kopf, der gemeiniglich an der Homiletik zuerſt zum Ritter werden will, mir gar zu dieſem Stuͤck der Parallele ſalutire mit jenen Worten aus Ovids Verwandlungen:
Nunc quoque in alitibus facundia priſca remanſit Raucaque garrulitas, ſtudiumque immane loquendi.
Jch frage vielmehr: Haben denn die Al- ten — haben ſelbſt die Roͤmer — haben ſie ſelbſt in der politiſchen Beredſamkeit
ihren
* Litt. Br. Th. 3. p. 317.
Fragm.IIIS. T
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und Kragen, fuͤr unſre Zuhoͤrer gepredigt.
Und Paulus macht in ſeiner Sprache,
nach ſeiner Denkart, zu ſeinem Zweck doch
auch bisweilen Perioden, welche mit allen
ihren Parentheſen nie von uns nachgeahmt
werden koͤnnen. Eben ſo mag ein andrer
unterſuchen: „ob Cicero ſolche labyrinthiſche
„Perioden alsdenn geflochten, wenn er die
„Ohren einer unwiſſenden Menge kitzeln,
„wenn er gerichtliche Raͤnke brauchen wollte
„u. ſ. w. *.„ Jch weiß nicht, ob Cicero
ſolch ein Sophiſt geweſen, ich breche gar
vom Kanzelſtil ab, damit nicht, wenn dies
waͤre, ein witziger Kopf, der gemeiniglich an
der Homiletik zuerſt zum Ritter werden will,
mir gar zu dieſem Stuͤck der Parallele ſalutire
mit jenen Worten aus Ovids Verwandlungen:
Nunc quoque in alitibus facundia priſca remanſit
Raucaque garrulitas, ſtudiumque immane loquendi.
Jch frage vielmehr: Haben denn die Al-
ten — haben ſelbſt die Roͤmer — haben
ſie ſelbſt in der politiſchen Beredſamkeit
ihren
* Litt. Br. Th. 3. p. 317.
Fragm. III S. T
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/297>, abgerufen am 16.02.2025.
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