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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

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"gezwungen erreicht, läßt uns gleichsam einen
"Zeitgenossen des Tullius hören, der sich über
"unsre Sitten in seiner Sprache ausdrückt."




Jch unterschreibe im Ganzen das Bild,
das man von Juvenal, Horaz, und unserm
Klozz mahlt: ohne aber auch die Naivetät
des Horaz durch Fragen affektiren zu wollen:
muß ich doch folgendes fragweise dazusezzen,
weil ich mir selbst nicht antworten will:

Sollte das Lächerliche der alten Komödie,
mit dem Lächerlichen des Juvenals einerlei
seyn? Jch meine nicht das Belachenswer-
the, was beide schildern, denn da versteht es
sich von selbst, daß dies mit den Sitten und
Zeiten sich ganz verändert haben muß:
sondern nur das Lächerliche, wie beide es
schildern? Jch will nicht an den Unterschied
denken, den schon die lehrende Satyre, und
ein pöbelhaftes Drama fodert: sondern ich
rede von dem charakterischen Ton beider, un-
abhängig von der äußern Einkleidung, blos
an sich gegen einander gesezt.

Sollte

„gezwungen erreicht, laͤßt uns gleichſam einen
„Zeitgenoſſen des Tullius hoͤren, der ſich uͤber
„unſre Sitten in ſeiner Sprache ausdruͤckt.„




Jch unterſchreibe im Ganzen das Bild,
das man von Juvenal, Horaz, und unſerm
Klozz mahlt: ohne aber auch die Naivetaͤt
des Horaz durch Fragen affektiren zu wollen:
muß ich doch folgendes fragweiſe dazuſezzen,
weil ich mir ſelbſt nicht antworten will:

Sollte das Laͤcherliche der alten Komoͤdie,
mit dem Laͤcherlichen des Juvenals einerlei
ſeyn? Jch meine nicht das Belachenswer-
the, was beide ſchildern, denn da verſteht es
ſich von ſelbſt, daß dies mit den Sitten und
Zeiten ſich ganz veraͤndert haben muß:
ſondern nur das Laͤcherliche, wie beide es
ſchildern? Jch will nicht an den Unterſchied
denken, den ſchon die lehrende Satyre, und
ein poͤbelhaftes Drama fodert: ſondern ich
rede von dem charakteriſchen Ton beider, un-
abhaͤngig von der aͤußern Einkleidung, blos
an ſich gegen einander geſezt.

Sollte
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[258/0266] „gezwungen erreicht, laͤßt uns gleichſam einen „Zeitgenoſſen des Tullius hoͤren, der ſich uͤber „unſre Sitten in ſeiner Sprache ausdruͤckt.„ Jch unterſchreibe im Ganzen das Bild, das man von Juvenal, Horaz, und unſerm Klozz mahlt: ohne aber auch die Naivetaͤt des Horaz durch Fragen affektiren zu wollen: muß ich doch folgendes fragweiſe dazuſezzen, weil ich mir ſelbſt nicht antworten will: Sollte das Laͤcherliche der alten Komoͤdie, mit dem Laͤcherlichen des Juvenals einerlei ſeyn? Jch meine nicht das Belachenswer- the, was beide ſchildern, denn da verſteht es ſich von ſelbſt, daß dies mit den Sitten und Zeiten ſich ganz veraͤndert haben muß: ſondern nur das Laͤcherliche, wie beide es ſchildern? Jch will nicht an den Unterſchied denken, den ſchon die lehrende Satyre, und ein poͤbelhaftes Drama fodert: ſondern ich rede von dem charakteriſchen Ton beider, un- abhaͤngig von der aͤußern Einkleidung, blos an ſich gegen einander geſezt. Sollte

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/266>, abgerufen am 22.11.2024.