Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.gehüllt. Hallers Geist ist in zween Dichter Jn der That, um ein guter Lehrdichter philo- * Die Litt. Br. haben nie an ihn gedacht, ob-
gleich seine Gräber auf ihre Zeit treffen, wie mich dünkt. gehuͤllt. Hallers Geiſt iſt in zween Dichter Jn der That, um ein guter Lehrdichter philo- * Die Litt. Br. haben nie an ihn gedacht, ob-
gleich ſeine Graͤber auf ihre Zeit treffen, wie mich duͤnkt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0218" n="210"/> gehuͤllt. <hi rendition="#fr">Hallers</hi> Geiſt iſt in zween Dichter<lb/> getheilt, in <hi rendition="#fr">Witthof</hi> und <hi rendition="#fr">Creuz.</hi> Jener hat<lb/> die nachdrucksvolle Kuͤrze in Sentiments und<lb/> Beobachtungen oft bis zum Neide in ſeiner<lb/> Gewalt; dieſer hat zu viel Talent zur ſchwer-<lb/> muͤthigen Malerei eines Weiſen, als daß man<lb/> ihn unter den G ... anern vergeſſen ſollte. <note place="foot" n="*">Die Litt. Br. haben nie an ihn gedacht, ob-<lb/> gleich ſeine <hi rendition="#fr">Graͤber</hi> auf ihre Zeit treffen, wie<lb/> mich duͤnkt.</note><lb/> Jener weiß abſtrakte Jdeen in poetiſche Koͤr-<lb/> per zu kleiden; dieſer, abſtrakten Jdeen poeti-<lb/> ſche Farben zu geben: jener iſt gluͤcklich im<lb/> Ausdruck der menſchlichen Denkart, ſo fern<lb/> man ſie aus einer genauen Weltweisheit ken-<lb/> nen kann: dieſer in der dichteriſchen Abbil-<lb/> dung einiger metaphyſiſchen Hypotheſen. Bei-<lb/> de wuͤrde ich wegwerfen, wenn ich jenen blos<lb/> als Dichter nach dem Aeußern, und dieſen<lb/> als Metaphyſikus nach dem Jnnern allein be-<lb/> urtheilen muͤßte.</p><lb/> <p>Jn der That, um ein guter Lehrdichter<lb/> zu ſeyn, wird weder ein Stern von der erſten<lb/> <fw place="bottom" type="catch">philo-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0218]
gehuͤllt. Hallers Geiſt iſt in zween Dichter
getheilt, in Witthof und Creuz. Jener hat
die nachdrucksvolle Kuͤrze in Sentiments und
Beobachtungen oft bis zum Neide in ſeiner
Gewalt; dieſer hat zu viel Talent zur ſchwer-
muͤthigen Malerei eines Weiſen, als daß man
ihn unter den G ... anern vergeſſen ſollte. *
Jener weiß abſtrakte Jdeen in poetiſche Koͤr-
per zu kleiden; dieſer, abſtrakten Jdeen poeti-
ſche Farben zu geben: jener iſt gluͤcklich im
Ausdruck der menſchlichen Denkart, ſo fern
man ſie aus einer genauen Weltweisheit ken-
nen kann: dieſer in der dichteriſchen Abbil-
dung einiger metaphyſiſchen Hypotheſen. Bei-
de wuͤrde ich wegwerfen, wenn ich jenen blos
als Dichter nach dem Aeußern, und dieſen
als Metaphyſikus nach dem Jnnern allein be-
urtheilen muͤßte.
Jn der That, um ein guter Lehrdichter
zu ſeyn, wird weder ein Stern von der erſten
philo-
* Die Litt. Br. haben nie an ihn gedacht, ob-
gleich ſeine Graͤber auf ihre Zeit treffen, wie
mich duͤnkt.
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/218>, abgerufen am 16.02.2025. |