Jch bin mit Rammler darinnen wohl zu- frieden, daß er dies überladne Bild, das schon Sanadon und noch neuerlich Leßing für frostig erklärt, abgekürzt; nur scheint der Periode, nach seiner sinnlichen Jnversion betrachtet, etwas mißrathen zu seyn. Die Ode an seinen Arzt bringt uns die horazi- schen Zurufe an seinen Weinknaben in den Sinn, und ist mit Geist und Körper nach dem Flaccus gebildet. Seine Ode an die Kanonenkugel bringt uns die an den un- glücklichen Baum: die Ode an Hrn. Krause eine ähnliche über sich, und am allermeisten die Lobgesänge auf den König, das Lob in den Sinn, das Flaccus dem Augustus und Mecänas opferte.
Jn einzelnen Bildern, Construktionen, und Wendungen findet Horaz noch häufiger das Seinige wieder, und überhaupt kenne ich keine deutsche Oden, die leichter und schwerer ins Lateinische zu übersetzen wären, als diese -- Leichter: weil man Jdiotismen, Periode und Wohlklang nach dem Lateinischen abge- zirkelt, gleichsam vor sich findet: schwerer, um der Fülle, Kürze und Wohlklange
keinen
Jch bin mit Rammler darinnen wohl zu- frieden, daß er dies uͤberladne Bild, das ſchon Sanadon und noch neuerlich Leßing fuͤr froſtig erklaͤrt, abgekuͤrzt; nur ſcheint der Periode, nach ſeiner ſinnlichen Jnverſion betrachtet, etwas mißrathen zu ſeyn. Die Ode an ſeinen Arzt bringt uns die horazi- ſchen Zurufe an ſeinen Weinknaben in den Sinn, und iſt mit Geiſt und Koͤrper nach dem Flaccus gebildet. Seine Ode an die Kanonenkugel bringt uns die an den un- gluͤcklichen Baum: die Ode an Hrn. Krauſe eine aͤhnliche uͤber ſich, und am allermeiſten die Lobgeſaͤnge auf den Koͤnig, das Lob in den Sinn, das Flaccus dem Auguſtus und Mecaͤnas opferte.
Jn einzelnen Bildern, Conſtruktionen, und Wendungen findet Horaz noch haͤufiger das Seinige wieder, und uͤberhaupt kenne ich keine deutſche Oden, die leichter und ſchwerer ins Lateiniſche zu uͤberſetzen waͤren, als dieſe — Leichter: weil man Jdiotismen, Periode und Wohlklang nach dem Lateiniſchen abge- zirkelt, gleichſam vor ſich findet: ſchwerer, um der Fuͤlle, Kuͤrze und Wohlklange
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Jch bin mit Rammler darinnen wohl zu-
frieden, daß er dies uͤberladne Bild, das
ſchon Sanadon und noch neuerlich Leßing
fuͤr froſtig erklaͤrt, abgekuͤrzt; nur ſcheint
der Periode, nach ſeiner ſinnlichen Jnverſion
betrachtet, etwas mißrathen zu ſeyn. Die
Ode an ſeinen Arzt bringt uns die horazi-
ſchen Zurufe an ſeinen Weinknaben in den
Sinn, und iſt mit Geiſt und Koͤrper nach
dem Flaccus gebildet. Seine Ode an die
Kanonenkugel bringt uns die an den un-
gluͤcklichen Baum: die Ode an Hrn. Krauſe
eine aͤhnliche uͤber ſich, und am allermeiſten
die Lobgeſaͤnge auf den Koͤnig, das Lob
in den Sinn, das Flaccus dem Auguſtus
und Mecaͤnas opferte.
Jn einzelnen Bildern, Conſtruktionen,
und Wendungen findet Horaz noch haͤufiger
das Seinige wieder, und uͤberhaupt kenne ich
keine deutſche Oden, die leichter und ſchwerer
ins Lateiniſche zu uͤberſetzen waͤren, als dieſe —
Leichter: weil man Jdiotismen, Periode
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/197>, abgerufen am 21.11.2024.
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