bäude gebrauche, die Materialien, die sie gebrauchen könnte, nach der Bauart, Form, den Theilen, und der äußern und innern Zier- lichkeit einer griechischen oder römischen, auf- richtete: ich glaubte dies nicht allein, son- dern ein audrer *, der schon seinen Mann besser kennet, sagt so gar: "seit dem Homer "hat man geglaubt, daß die Zusammensetzung "der Hauptzüge eines bestimmten Subjekts "nach den Regeln der Uebereinstimmung, und "nach der Beschaffenheit des Zwecks, den "man hat, den Plan eines schönen Werks "ausmachten, so wie die Grundrisse der Zeich- "nung und die Stellung der Figuren gegen "einander den Plan eines Gemäldes darle- "gen." Alles dies glaubte ich, und wünschte also unsern Homers, Pindaren und Horazen mehr die Art, wie jene die Mythologie nuzzten, anwandten und zum Theil er- fanden, um dieses Namens würdig zu seyn, als die Mythologie selbst; Aber --
Nun höre ich so viel Aussprüche neuerer Kunstrichter, die mein ganzes Ohr fühlet,
und
* Litt. Br. Th. 19. p. 97.
baͤude gebrauche, die Materialien, die ſie gebrauchen koͤnnte, nach der Bauart, Form, den Theilen, und der aͤußern und innern Zier- lichkeit einer griechiſchen oder roͤmiſchen, auf- richtete: ich glaubte dies nicht allein, ſon- dern ein audrer *, der ſchon ſeinen Mann beſſer kennet, ſagt ſo gar: „ſeit dem Homer „hat man geglaubt, daß die Zuſammenſetzung „der Hauptzuͤge eines beſtimmten Subjekts „nach den Regeln der Uebereinſtimmung, und „nach der Beſchaffenheit des Zwecks, den „man hat, den Plan eines ſchoͤnen Werks „ausmachten, ſo wie die Grundriſſe der Zeich- „nung und die Stellung der Figuren gegen „einander den Plan eines Gemaͤldes darle- „gen.„ Alles dies glaubte ich, und wuͤnſchte alſo unſern Homers, Pindaren und Horazen mehr die Art, wie jene die Mythologie nuzzten, anwandten und zum Theil er- fanden, um dieſes Namens wuͤrdig zu ſeyn, als die Mythologie ſelbſt; Aber —
Nun hoͤre ich ſo viel Ausſpruͤche neuerer Kunſtrichter, die mein ganzes Ohr fuͤhlet,
und
* Litt. Br. Th. 19. p. 97.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0142"n="134"/>
baͤude gebrauche, die Materialien, <hirendition="#fr">die ſie<lb/>
gebrauchen koͤnnte,</hi> nach der Bauart, Form,<lb/>
den Theilen, und der aͤußern und innern Zier-<lb/>
lichkeit einer griechiſchen oder roͤmiſchen, auf-<lb/>
richtete: ich glaubte dies nicht allein, ſon-<lb/>
dern ein audrer <noteplace="foot"n="*">Litt. Br. Th. 19. p. 97.</note>, der ſchon ſeinen Mann<lb/>
beſſer kennet, ſagt ſo gar: „ſeit dem Homer<lb/>„hat man geglaubt, daß die Zuſammenſetzung<lb/>„der Hauptzuͤge eines beſtimmten Subjekts<lb/>„nach den Regeln der Uebereinſtimmung, und<lb/>„nach der Beſchaffenheit des Zwecks, den<lb/>„man hat, den Plan eines ſchoͤnen Werks<lb/>„ausmachten, ſo wie die Grundriſſe der Zeich-<lb/>„nung und die Stellung der Figuren gegen<lb/>„einander den Plan eines Gemaͤldes darle-<lb/>„gen.„ Alles dies glaubte ich, und wuͤnſchte<lb/>
alſo unſern Homers, Pindaren und Horazen<lb/>
mehr <hirendition="#fr">die Art, wie jene die Mythologie<lb/>
nuzzten, anwandten und zum Theil er-<lb/>
fanden,</hi> um dieſes Namens wuͤrdig zu ſeyn,<lb/>
als die Mythologie ſelbſt; Aber —</p><lb/><p>Nun hoͤre ich ſo viel Ausſpruͤche neuerer<lb/>
Kunſtrichter, die mein ganzes Ohr fuͤhlet,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[134/0142]
baͤude gebrauche, die Materialien, die ſie
gebrauchen koͤnnte, nach der Bauart, Form,
den Theilen, und der aͤußern und innern Zier-
lichkeit einer griechiſchen oder roͤmiſchen, auf-
richtete: ich glaubte dies nicht allein, ſon-
dern ein audrer *, der ſchon ſeinen Mann
beſſer kennet, ſagt ſo gar: „ſeit dem Homer
„hat man geglaubt, daß die Zuſammenſetzung
„der Hauptzuͤge eines beſtimmten Subjekts
„nach den Regeln der Uebereinſtimmung, und
„nach der Beſchaffenheit des Zwecks, den
„man hat, den Plan eines ſchoͤnen Werks
„ausmachten, ſo wie die Grundriſſe der Zeich-
„nung und die Stellung der Figuren gegen
„einander den Plan eines Gemaͤldes darle-
„gen.„ Alles dies glaubte ich, und wuͤnſchte
alſo unſern Homers, Pindaren und Horazen
mehr die Art, wie jene die Mythologie
nuzzten, anwandten und zum Theil er-
fanden, um dieſes Namens wuͤrdig zu ſeyn,
als die Mythologie ſelbſt; Aber —
Nun hoͤre ich ſo viel Ausſpruͤche neuerer
Kunſtrichter, die mein ganzes Ohr fuͤhlet,
und
* Litt. Br. Th. 19. p. 97.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/142>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.