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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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heimnissen der Griechischen Litteratur und
Geschichte mit wahrem Kritischen Geist erklärt,
und zum Homer ein Schlüssel ist -- Diese
Abhandlung sollte statt Einleitung seyn: eine
Einleitung, die fast nie so nothwendig ist,
als wenn wir uns dem ältesten, dem göttlich-
sten, dem unübersezzbaren Homer nähern.
Nun folgen die wichtigsten Untersuchungen
der Alten über den Homer: und was er bei
ihnen alles geworden ist? Was er bei uns
seyn kann und soll? Wie wir ihn, ohne Miß-
brauch nuzzen müssen, ohne doch jemals Ho-
mere
werden zu können?

Dies ist der Eingang und die Uebersez-
zung? Beileibe muß sie nicht verschönert
seyn, wie noch jezt die neue Bitaubesche
als ein Greuel der Verwüstung dastehet. Die
Franzosen, zu stolz auf ihren Nationalge-
schmack, nähern demselben alles, statt sich
dem Geschmack einer andern Zeit zu beque-
men. Homer muß als Besiegter nach Frank-
reich kommen, sich nach ihrer Mode kleiden,
um ihr Auge nicht zu ärgern: sich seinen ehr-
würdigen Bart, und alte einfältige Tracht
abnehmen lassen: Französische Sitten soll er

an

heimniſſen der Griechiſchen Litteratur und
Geſchichte mit wahrem Kritiſchen Geiſt erklaͤrt,
und zum Homer ein Schluͤſſel iſt — Dieſe
Abhandlung ſollte ſtatt Einleitung ſeyn: eine
Einleitung, die faſt nie ſo nothwendig iſt,
als wenn wir uns dem aͤlteſten, dem goͤttlich-
ſten, dem unuͤberſezzbaren Homer naͤhern.
Nun folgen die wichtigſten Unterſuchungen
der Alten uͤber den Homer: und was er bei
ihnen alles geworden iſt? Was er bei uns
ſeyn kann und ſoll? Wie wir ihn, ohne Miß-
brauch nuzzen muͤſſen, ohne doch jemals Ho-
mere
werden zu koͤnnen?

Dies iſt der Eingang und die Ueberſez-
zung? Beileibe muß ſie nicht verſchoͤnert
ſeyn, wie noch jezt die neue Bitaubéſche
als ein Greuel der Verwuͤſtung daſtehet. Die
Franzoſen, zu ſtolz auf ihren Nationalge-
ſchmack, naͤhern demſelben alles, ſtatt ſich
dem Geſchmack einer andern Zeit zu beque-
men. Homer muß als Beſiegter nach Frank-
reich kommen, ſich nach ihrer Mode kleiden,
um ihr Auge nicht zu aͤrgern: ſich ſeinen ehr-
wuͤrdigen Bart, und alte einfaͤltige Tracht
abnehmen laſſen: Franzoͤſiſche Sitten ſoll er

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[266/0098] heimniſſen der Griechiſchen Litteratur und Geſchichte mit wahrem Kritiſchen Geiſt erklaͤrt, und zum Homer ein Schluͤſſel iſt — Dieſe Abhandlung ſollte ſtatt Einleitung ſeyn: eine Einleitung, die faſt nie ſo nothwendig iſt, als wenn wir uns dem aͤlteſten, dem goͤttlich- ſten, dem unuͤberſezzbaren Homer naͤhern. Nun folgen die wichtigſten Unterſuchungen der Alten uͤber den Homer: und was er bei ihnen alles geworden iſt? Was er bei uns ſeyn kann und ſoll? Wie wir ihn, ohne Miß- brauch nuzzen muͤſſen, ohne doch jemals Ho- mere werden zu koͤnnen? Dies iſt der Eingang und die Ueberſez- zung? Beileibe muß ſie nicht verſchoͤnert ſeyn, wie noch jezt die neue Bitaubéſche als ein Greuel der Verwuͤſtung daſtehet. Die Franzoſen, zu ſtolz auf ihren Nationalge- ſchmack, naͤhern demſelben alles, ſtatt ſich dem Geſchmack einer andern Zeit zu beque- men. Homer muß als Beſiegter nach Frank- reich kommen, ſich nach ihrer Mode kleiden, um ihr Auge nicht zu aͤrgern: ſich ſeinen ehr- wuͤrdigen Bart, und alte einfaͤltige Tracht abnehmen laſſen: Franzoͤſiſche Sitten ſoll er an

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/98>, abgerufen am 04.12.2024.