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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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gelehrte sieht jenes seine Französirenden
Anmerkungen für noch etwas ärgers als
Schlamm an; der Franzose sagt: ja, davon
wuchsen Blumen und Früchte! und der Deut-
sche: das meinige ist nicht fruchtbar, aber rei-
nigend! Jeder schließt nach seinem einzigen
Sinn.

Aber warum hat man denn nur einen?
Wie? wenn viele Wortrichter schon vorgear-
beitet -- wenn die Franzosen ihre Aestheti-
sche
Bon-Mots nun denn oft genug wieder-
holt, und durchgearbeitet -- wenn die Brit-
ten
die historische Seite in Erklärung der
Alten noch mehr werden erleuchtet haben;
wird alsdenn nicht ein Zeitpunkt für die Phi-
losophischen
Deutschen kommen, die Vor-
arbeiten aller dieser zu nuzzen, und ein gan-
zes Philosophisches Gemälde über sie zu
entwerfen? Jene haben schon viel vorgear-
beitet; wir auf unserm Geschäfte, bleiben et-
was nach: und vielleicht dörften folgende
drei Bemühungen uns näher bringen.

Wie? wenn uns jemand das Geheimniß
der schönen Wissenschaften,
so aus den
Griechen aufschlösse, als Baumgarten es

aus

gelehrte ſieht jenes ſeine Franzoͤſirenden
Anmerkungen fuͤr noch etwas aͤrgers als
Schlamm an; der Franzoſe ſagt: ja, davon
wuchſen Blumen und Fruͤchte! und der Deut-
ſche: das meinige iſt nicht fruchtbar, aber rei-
nigend! Jeder ſchließt nach ſeinem einzigen
Sinn.

Aber warum hat man denn nur einen?
Wie? wenn viele Wortrichter ſchon vorgear-
beitet — wenn die Franzoſen ihre Aeſtheti-
ſche
Bon-Mots nun denn oft genug wieder-
holt, und durchgearbeitet — wenn die Brit-
ten
die hiſtoriſche Seite in Erklaͤrung der
Alten noch mehr werden erleuchtet haben;
wird alsdenn nicht ein Zeitpunkt fuͤr die Phi-
loſophiſchen
Deutſchen kommen, die Vor-
arbeiten aller dieſer zu nuzzen, und ein gan-
zes Philoſophiſches Gemaͤlde uͤber ſie zu
entwerfen? Jene haben ſchon viel vorgear-
beitet; wir auf unſerm Geſchaͤfte, bleiben et-
was nach: und vielleicht doͤrften folgende
drei Bemuͤhungen uns naͤher bringen.

Wie? wenn uns jemand das Geheimniß
der ſchoͤnen Wiſſenſchaften,
ſo aus den
Griechen aufſchloͤſſe, als Baumgarten es

aus
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[262/0094] gelehrte ſieht jenes ſeine Franzoͤſirenden Anmerkungen fuͤr noch etwas aͤrgers als Schlamm an; der Franzoſe ſagt: ja, davon wuchſen Blumen und Fruͤchte! und der Deut- ſche: das meinige iſt nicht fruchtbar, aber rei- nigend! Jeder ſchließt nach ſeinem einzigen Sinn. Aber warum hat man denn nur einen? Wie? wenn viele Wortrichter ſchon vorgear- beitet — wenn die Franzoſen ihre Aeſtheti- ſche Bon-Mots nun denn oft genug wieder- holt, und durchgearbeitet — wenn die Brit- ten die hiſtoriſche Seite in Erklaͤrung der Alten noch mehr werden erleuchtet haben; wird alsdenn nicht ein Zeitpunkt fuͤr die Phi- loſophiſchen Deutſchen kommen, die Vor- arbeiten aller dieſer zu nuzzen, und ein gan- zes Philoſophiſches Gemaͤlde uͤber ſie zu entwerfen? Jene haben ſchon viel vorgear- beitet; wir auf unſerm Geſchaͤfte, bleiben et- was nach: und vielleicht doͤrften folgende drei Bemuͤhungen uns naͤher bringen. Wie? wenn uns jemand das Geheimniß der ſchoͤnen Wiſſenſchaften, ſo aus den Griechen aufſchloͤſſe, als Baumgarten es aus

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/94>, abgerufen am 04.12.2024.