Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.andern Zweck, sie gieng einen andern Weg, Sie begriff mehr unter sich:) Es ist be- Jene hatte einen andern Zweck:) ein wildes größte
andern Zweck, ſie gieng einen andern Weg, Sie begriff mehr unter ſich:) Es iſt be- Jene hatte einen andern Zweck:) ein wildes groͤßte
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andern Zweck, ſie gieng einen andern Weg,
als unſere.
Sie begriff mehr unter ſich:) Es iſt be-
kannt gnug, daß ſie ſich ins Detail dev klein-
ſten Geſezze, Veranſtaltungen und Ceremonien
einließ: daß ſie eben ſowohl auf den Maͤrkten,
als in dem Heiligthum die Theokratie eines
Schutzgottes regierte, der Propheten und
Dichter und Richter in einer Perſon auf-
weckte, und begeiſterte. Daher waren
alle ihre Poeſien heilig; ſie mochten Puophe-
tiſche Geſaͤnge, oder Laſten von Fluͤchen, oder
Troſtlieder, oder Geſezze und Spruͤche ent-
halten. Unſere Religion hingegen ſondert
ſich von der Politiſchen Regierung und den
Richterſtuͤhlen ab: ſie iſt nichts minder, als
Theokratiſch, und der Prophetiſche Geiſt
ſchweigt.
Jene hatte einen andern Zweck:) ein wildes
ungebildetes Volk im Zaum zu halten, das uͤber
den Acker und Landweiden wenig ſeinen Geiſt er-
hob. Hier war eine ſinnliche Dichtkunſt das
Mittel, ihre Seele etwas auf merkſam zu machen.
Geſaͤnge von zeitlichem Gluͤck und Ungluͤck ſchall-
ten von jenen Bergen Griſim und Ebal: der
groͤßte
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