Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.Ländern gemein: in beiden vermischte er men,
Laͤndern gemein: in beiden vermiſchte er men,
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Laͤndern gemein: in beiden vermiſchte er
ſich mit dem Gothiſchen Ritter- und Rieſen-
geſchmack: nachher miſchte ſich der Katholi-
ſche Hang zu Kreuzzuͤgen, und heiligen Aben-
theuren dazu! — und nun ſehet! wie ſehr
Lopez di Vega, Pulci, Arioſt und Taſſo
dieſes Gemiſch zu brauchen gewuſt; aber
freilich zu nichts mehr, und minder, als Na-
tionalſtuͤcken. Wer es alſo beklagen moͤchte,
daß keine ſolche Morgenlaͤndiſche Jnvaſion
nicht auch bei uns den Saamen Poetiſcher Fa-
beln geſtreut; dem rathe ich, dieſe dichteri-
ſche Schweißtropfen der Cultur ſeines Bo-
dens zu widmen. Er durchreiſe als ein
Prophet in Ziegenfellen, die Mythologien
der alten Skalder und Barden ſowohl, als
ſeiner eignen ehrlichen Landsleute. Unter
Scythen und Slaven, Wenden und Boͤhmen,
Ruſſen, Schweden und Polen gibt es noch
Spuren von dieſen Fußſtapfen der Vorfah-
ren. Wuͤrde man, jeder nach ſeinen Kraͤf-
ten, ſorgſam ſeyn, ſich nach alten National-
liedern zu erkundigen; ſo wuͤrde man nicht
blos tief in die Poetiſche Denkart der Vor-
fahren dringen, ſondern auch Stuͤcke bekom-
men,
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