der Youngischen Schrift über die Origi- nale, ein gewisses Feuer an, das wir bei blos gründlichen Untersuchungen nicht spüren? Weil der Youngische Geist drinn herrscht, der aus seinem Herzen gleichsam ins Herz; aus dem Genie in das Genie spricht; der wie der Elektrische Funke sich mittheilt.
Man kann sagen, daß hiezu mehr Beob- achtung, und zu dem ersten mehr Spekulation erfodert wird: bei dieser schränket man sich mehr ein, bei der Beobachtung breitet man sich mehr aus. Jst man selbst Genie, so kann man durch Proben die meiste Aufmunterung geben, und den schlafenden Funken tief aus der Asche herausholen, wo ihn der andre nicht sucht. Man wird auch eher auf die Hindernisse dringen, di[e] das Genie und den Erfindungsgeist aufhalten, weil man sie aus eigner Erfahrung kennet. Und endlich wird man den Thoren am besten die Originalsucht ausreden können: wenn man mit der großen Stimme des Beispiels sie zurückscheucht. Durch feine Spekulationen ist nie der Geist einer Nation geändert: aber durch große
Bei-
der Youngiſchen Schrift uͤber die Origi- nale, ein gewiſſes Feuer an, das wir bei blos gruͤndlichen Unterſuchungen nicht ſpuͤren? Weil der Youngiſche Geiſt drinn herrſcht, der aus ſeinem Herzen gleichſam ins Herz; aus dem Genie in das Genie ſpricht; der wie der Elektriſche Funke ſich mittheilt.
Man kann ſagen, daß hiezu mehr Beob- achtung, und zu dem erſten mehr Spekulation erfodert wird: bei dieſer ſchraͤnket man ſich mehr ein, bei der Beobachtung breitet man ſich mehr aus. Jſt man ſelbſt Genie, ſo kann man durch Proben die meiſte Aufmunterung geben, und den ſchlafenden Funken tief aus der Aſche herausholen, wo ihn der andre nicht ſucht. Man wird auch eher auf die Hinderniſſe dringen, di[e] das Genie und den Erfindungsgeiſt aufhalten, weil man ſie aus eigner Erfahrung kennet. Und endlich wird man den Thoren am beſten die Originalſucht ausreden koͤnnen: wenn man mit der großen Stimme des Beiſpiels ſie zuruͤckſcheucht. Durch feine Spekulationen iſt nie der Geiſt einer Nation geaͤndert: aber durch große
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[204/0036]
der Youngiſchen Schrift uͤber die Origi-
nale, ein gewiſſes Feuer an, das wir bei
blos gruͤndlichen Unterſuchungen nicht ſpuͤren?
Weil der Youngiſche Geiſt drinn herrſcht,
der aus ſeinem Herzen gleichſam ins Herz;
aus dem Genie in das Genie ſpricht; der
wie der Elektriſche Funke ſich mittheilt.
Man kann ſagen, daß hiezu mehr Beob-
achtung, und zu dem erſten mehr Spekulation
erfodert wird: bei dieſer ſchraͤnket man ſich
mehr ein, bei der Beobachtung breitet man
ſich mehr aus. Jſt man ſelbſt Genie, ſo kann
man durch Proben die meiſte Aufmunterung
geben, und den ſchlafenden Funken tief aus
der Aſche herausholen, wo ihn der andre
nicht ſucht. Man wird auch eher auf die
Hinderniſſe dringen, die das Genie und den
Erfindungsgeiſt aufhalten, weil man ſie aus
eigner Erfahrung kennet. Und endlich wird
man den Thoren am beſten die Originalſucht
ausreden koͤnnen: wenn man mit der großen
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Durch feine Spekulationen iſt nie der Geiſt
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/36>, abgerufen am 16.02.2025.
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