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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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"Waffen, diese unversehrte Helme hier auf?
"Dem Menschenwürger Mars solchen häßli-
"chen Schmuck? Will ihn nicht jemand aus
"meinem Tempel werfen? Jch errothe ganz!
"Solche Verzierung gehört in eine Braut-
"kammer, an den Hof, in die Trinksäle fei-
"ger Säufer; nicht an den Altar des Mars!
"Blutige Waffen, zerbrochne Schilde, durch-
"stochne Helme, die sind mein Vergnügen!"
Alsdenn sind solche Deutsche Dithyramben
nach einem feinen Jdeal unsrer Zeit -- ent-
weder hohe Oden der Einbildungskraft --
oder begeisterte Trinklieder; sie mogen seyn,
wie sie wollen. Alsdenn sind Uz, Leßing,
Weiße, Gerstenberg
in seinem Gedicht:
Cypern: Schmid in seinem Noah, dem
Weinerfinder: der Verfasser der ersten
Cantate zum Scherz und Vergnügen

unsre Dithyrambendichter; oder vielmehr
unsre alte Trinkbrüder, die sich einen will-
kührlichen Namen geben.

Jch verzweifle also beinahe an Dithyram-
ben, selbst wenn wir die Griechische hätten --
nun aber ist alles bis auf die wenigen Nach-
richten verloren, die nicht einmal einen unter-

schei-

„Waffen, dieſe unverſehrte Helme hier auf?
„Dem Menſchenwuͤrger Mars ſolchen haͤßli-
„chen Schmuck? Will ihn nicht jemand aus
„meinem Tempel werfen? Jch erro̊the ganz!
„Solche Verzierung gehoͤrt in eine Braut-
„kammer, an den Hof, in die Trinkſaͤle fei-
„ger Saͤufer; nicht an den Altar des Mars!
„Blutige Waffen, zerbrochne Schilde, durch-
„ſtochne Helme, die ſind mein Vergnuͤgen!„
Alsdenn ſind ſolche Deutſche Dithyramben
nach einem feinen Jdeal unſrer Zeit — ent-
weder hohe Oden der Einbildungskraft —
oder begeiſterte Trinklieder; ſie mo̊gen ſeyn,
wie ſie wollen. Alsdenn ſind Uz, Leßing,
Weiße, Gerſtenberg
in ſeinem Gedicht:
Cypern: Schmid in ſeinem Noah, dem
Weinerfinder: der Verfaſſer der erſten
Cantate zum Scherz und Vergnuͤgen

unſre Dithyrambendichter; oder vielmehr
unſre alte Trinkbruͤder, die ſich einen will-
kuͤhrlichen Namen geben.

Jch verzweifle alſo beinahe an Dithyram-
ben, ſelbſt wenn wir die Griechiſche haͤtten —
nun aber iſt alles bis auf die wenigen Nach-
richten verloren, die nicht einmal einen unter-

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[316/0148] „Waffen, dieſe unverſehrte Helme hier auf? „Dem Menſchenwuͤrger Mars ſolchen haͤßli- „chen Schmuck? Will ihn nicht jemand aus „meinem Tempel werfen? Jch erro̊the ganz! „Solche Verzierung gehoͤrt in eine Braut- „kammer, an den Hof, in die Trinkſaͤle fei- „ger Saͤufer; nicht an den Altar des Mars! „Blutige Waffen, zerbrochne Schilde, durch- „ſtochne Helme, die ſind mein Vergnuͤgen!„ Alsdenn ſind ſolche Deutſche Dithyramben nach einem feinen Jdeal unſrer Zeit — ent- weder hohe Oden der Einbildungskraft — oder begeiſterte Trinklieder; ſie mo̊gen ſeyn, wie ſie wollen. Alsdenn ſind Uz, Leßing, Weiße, Gerſtenberg in ſeinem Gedicht: Cypern: Schmid in ſeinem Noah, dem Weinerfinder: der Verfaſſer der erſten Cantate zum Scherz und Vergnuͤgen unſre Dithyrambendichter; oder vielmehr unſre alte Trinkbruͤder, die ſich einen will- kuͤhrlichen Namen geben. Jch verzweifle alſo beinahe an Dithyram- ben, ſelbſt wenn wir die Griechiſche haͤtten — nun aber iſt alles bis auf die wenigen Nach- richten verloren, die nicht einmal einen unter- ſchei-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/148>, abgerufen am 22.11.2024.